Elena Lucrezia Piscopia: Die erste Frau Dr.

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Elena Lucrezia Piscopia promovierte 1678 als erste Frau der Welt, ihre Promotion in der Kathedrale von Padua war ein Ereignis. Sie war ein Universalgenie. Und streng gläubig - dennoch stellte sich die Kirche ihren Ambitionen in den Weg.

Sie war die erste Frau, die einen Doktortitel erlangte: die Italienerin Elena Lucrezia Cornaro Piscopia. Am 25. Juni 1678, vor 340 Jahren, promovierte sie in der Kathedrale von Padua in Philosophie. Die Benediktineroblate aus Venedig hätte sich eher einen Doktortitel in Theologie gewünscht - der aber wurde ihr von der Kirche verwehrt. Denn als Doktorin der Theologie hätte Piscopia die kirchliche Lehrererlaubnis erlangt. Unvorstellbar in damaligen Zeiten.

Es war der erste Brief an die Korinther, der sie daran hinderte, in Theologie zu promovieren: "Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in der Versammlung schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden. Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es fordert." Diese Zeilen genügten dem Bischof von Padua und Kardinal Gregorio Barbarigo vor 340 Jahren, um Piscopia abzulehnen.

"Eher würde ich mich wie eine Sklavin behandeln lassen"

Piscopia war ein Universaltalent. Als Tochter eines einflussreichen venezianischen Prokurators kam sie 1646 in Venedig zur Welt. Ihre Lehrer gehörten zu den bekanntesten Gelehrten der Zeit. Bereits im Alter von sieben Jahren sprach Elena Lucrezia fließend Latein und Altgriechisch. Hinzu kamen später noch Hebräisch, Arabisch, Französisch und Spanisch - den Titel "Oraculum Septilinge" trug sie verdient. Später entdeckte sie auch noch die Musik für sich. Piscopia spielte Cembalo, Violine, Clavichord und Harfe.

Mit Anfang zwanzig verschrieb sie sich der Mathematik, der Philosophie und der Theologie. Sie verachtete die venezianische Gesellschaft samt Prunk und Luxus. Auch Heiraten wollte sie nie - bereits mit elf Jahren legte sie einen Keuschheitsschwur ab. "Eher würde ich mich wie eine Sklavin behandeln und wie ein Hund anleinen lassen", schrieb sie an ihren Lehrer. Stattdessen widmete sie sich der Religion. Auch wenn die katholische Kirche ihr später Steine in den Weg legen sollte, war Piscopia streng gläubig. Im Erwachsenenalter wurde sie unter dem Protest ihrer Eltern zur Benediktineroblate: Sie hielt sich an das Evangelium, trat aber nie dem Orden bei.

Hochverlegte Promotion

Piscopia machte sich ihre Sprachkenntnisse als Wissenschaftlerin zunutze. Sie übersetzte geistliche Werke ins Italienische und gelangte so schnell zu Bekanntheit. 1670 wurde sie sogar die Vorsitzende der Accademia dei Pacifici. Acht Jahre später dann schlug ihr Philosophieprofessor Carlo Rinaldi, ein Freund Galileo Galileis, Piscopia als Laurea der Theologie vor. Auch ihr Vater versuchte ihr den Doktortitel zu verschaffen - vergebens. Kardinal und Bischof aber beriefen sich auf den Korintherbrief - und lehnten das Ansuchen ab. Eine lehrende Frau war ein strenges Tabu in der katholischen Kirche.

»Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in der Versammlung schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden. Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es fordert.«

Erster Brief an die Korinther

Mithilfe des Lehrers und des Vaters konnte allerdings ein Kompromiss erzielt werden: Piscopia durfte in Philosophie promovieren. Und das tat sie mit Bravour. Da ihre Promotion in Venedig mit Spannung erwartet wurde, musste sie von der Universität in die Kathedrale von Padua "hochverlegt" werden. In ihrer Defensio sprach Piscopia über Passagen der Logik Aristotoles auf Lateinisch. Ihre Worte begeisterten das Publikum, das sich aus sämtlichen Senatoren Venedigs, den Professoren der Universität Padua sowie aus Gästen aus ganz Italien zusammensetzte.

Eine "Heilige"

Zweifellos ebnete Piscopia damit zahlreichen Frauen den Weg zu einer akademischen Laufbahn. Mit Frauenrechten setzte sie sich zeitlebens aber nie auseinander. Sie verbrachte ihr restliches Leben mit Übersetzungen, Studien und öffentlich Diskussionen. Es galt als eine Ehre, sie zu treffen oder mit ihr zu korrespondieren. Sie starb bereits im Alter von 38 Jahren an Tuberkulose. Nach ihrem Tod verbreitet sich in Italien die Kunde, eine "Heilige" sei gestorben.

Ihr zu Ehren ließ die Universität von Padua eine Medaille mit der Inschrift "Möge ihre Erinnerung bis in alle Zeiten weiterleben" prägen. Die Szene ihrer Promotion ist in einer Glasmalerei der Thompson-Memorial-Bibliothek des US-amerikanischen Vassar College festgehalten. Auch eine ungewöhnliche Ehre wurde Elena Lucrezia zu teil: Ein Einschlagskrater mit 23 Kilometern Umfang auf der Venus wurde nach ihr benannt.

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