Exportrekord im Angesicht des Handelskriegs

„Tarife und Strafzölle sind wie ein Bumerang“, so Schramböck.
„Tarife und Strafzölle sind wie ein Bumerang“, so Schramböck.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Heimische Firmen verkaufen heuer erstmals Waren um mehr als 150 Mrd. Euro ins Ausland. US-Strafzölle treffen Österreich (noch) nicht. Wirtschaftsministerin Schramböck will deeskalieren und EU-Zölle auf Autos aus den USA senken.

Wien. Just an dem Tag, an dem Europas Vergeltungszölle gegen die USA in Kraft treten, gibt die heimische Exportwirtschaft ein kräftiges Lebenszeichen von sich: Erstmals werden die österreichischen Unternehmen heuer Produkte um mehr als 150 Milliarden Euro ins Ausland verkaufen, so eine Schätzung der Wirtschaftskammer. Das ist immerhin ein Plus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr (siehe Grafik). Und das in einem Jahr, in dem die Wirtschaftswelt von Woche zu Woche vor dem Ausbruch des globalen Handelskriegs zittern muss.

Noch wären Österreichs Exporteure von den US-Zöllen auf Stahl- und Aluminiumexporte kaum betroffen, hieß es. Was aber passiert, wenn Donald Trump seine Drohung wahr macht und auch deutsche Autos mit Strafzöllen belegt, wollte weder Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) noch der neue Wirtschaftskammerpräsident, Harald Mahrer, vorhersagen. Klar ist: Kommen die deutschen Autobauer in Schieflage, spüren das auch die vielen Zulieferer aus Österreich. „Tarife und Strafzölle sind wie ein Bumerang“, sagte Schramböck und plädierte dafür, dass die EU mit gutem Beispiel vorausgeht und bestehende Zölle abschafft, statt neue einzuführen. Konkret geht es ihr um die hohen Zölle, die die EU bei der Einfuhr von amerikanischen Autos einhebt. Brüssel verlangt zehn Prozent Zoll für jedes US-Auto, umgekehrt sind es nur 2,5 Prozent beim Export europäischer Autos in die USA.

Asien wichtiger als Nordamerika

Diese Importtarife der EU könnten „durchaus lockerer“ sein, sagte die Ministerin. Der Autohandel habe klar signalisiert, dass das kaum Auswirkungen auf die Verkaufszahlen der amerikanischen Wagen in Europa hätte. Ob sich Donald Trump danach als Sieger feiern lasse oder nicht, sei Nebensache, solange die Chancen der europäischen Wirtschaft dadurch gestärkt würden.

Unabhängig davon müsse sich die österreichische Exportwirtschaft ohnedies neuen Märkten zuwenden, betonte Mahrer. Österreich ist traditionell nicht sonderlich abhängig vom Export in die Vereinigten Staaten. Im ersten Quartal 2018 gingen über 70 Prozent der heimischen Exporte in die EU. Auf Platz zwei landet mit 8,8 Prozent erstmals Asien als zweitwichtigster Partner. Die Wachstumsraten in dieser Region sind enorm. Geplante Handelsabkommen mit Japan, Vietnam und Singapur fördern den Trend zusätzlich. Die USA landen mit 8,3 Prozent nur auf dem dritten Platz der wichtigsten Exportmärkte Österreichs – und auch das nur, weil in dieser Statistik auch die heimischen Exporte nach Kanada und Mexiko den Vereinigten Staaten zugerechnet werden.

BND bespitzelt Wirtschaftskammer

Aber auch in der Beziehung mit dem Haupthandelspartner Deutschland ist nicht alles eitel Wonne. Wie am Donnerstag bekannt wurde, bespitzelte der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) nicht nur heimische Unternehmen von Voest bis AT & S über Jahre hinweg, auch die Wirtschaftskammer selbst wurde ausspioniert. „So etwas macht man nicht unter Partnern“, klagte Mahrer und forderte „volle Transparenz“ von Berlin. Das Land müsse offenlegen, welche Unternehmen wie lange in welchem Umfang bespitzelt wurden – und vor allem, ob die Spionagetätigkeiten eingestellt seien. Sollte es sich um Wirtschaftsspionage handeln, wäre das auch für den BND illegal. (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2018)

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