Die lange Talfahrt der türkischen Währung könnte nach dem Wahlsieg von Erdogan gestoppt werden.
Wegen des hohen Leistungsbilanzdefizits und mangels Vertrauens internationaler Investoren, die sich hüten, in die Landeswährung zu investieren, befand sich die türkische Lira auf Talfahrt. In der Hoffnung auf politische Stabilität in der Türkei nach dem Wahlsieg von Präsident Recep Tayyip Erdogan haben sich Anleger am Montag mit türkischen Aktien und der Lira eingedeckt. "Die politische Landschaft in der Türkei scheint nach den vorgezogenen Wahlen am Sonntag unverändert zu bleiben", sagte Paul Greer, Fondsmanager für Schwellenländer beim Fondsanbieter Fidelity International. "Mit diesem Ergebnis sollten die türkischen Märkte eine kleine Erleichterungsrally genießen."
Der Leitindex der Börse in Istanbul legte um 2 Prozent auf 97.811 Punkte zu. Die Lira war ebenfalls gefragt, im Gegenzug schwächte sich der Dollar um bis zu 3,1 Prozent auf 4,5320 Lira ab. Der Euro verlor ebenfalls 3 Prozent auf 5,2797 Lira. In den vergangenen Monaten war die Lira stark unter Druck gestanden.
Erdogan wurde offiziellen Angaben zufolge mit 52,5 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang im Amt bestätigt, das mit umfangreichen Machtbefugnissen verbunden ist. Er steht damit an der Spitze des von ihm geschaffenen Präsidialsystems, das von seinen Kritikern als autokratische Herrschaft bezeichnet wird.
Türkei-Experte Greer warnte aber vor den nach wie vor großen Herausforderungen für das Land. "Die Türkei hat weiterhin mit zahlreichen makroökonomischen Schwachstellen zu kämpfen, darunter einer anhaltenden zweistelligen Inflation, einem hohen Leistungsbilanzdefizit, einer niedrigen Sparquote, einer Lockerung der Fiskalpolitik und einem großen externen Finanzierungsbedarf."
Sollte Erdogan jetzt eine lockerere Geld- und Fiskalpolitik starten, könne die Rally der türkischen Börse und der Lira schnell im Keim erstickt werden, warnte Jason Tuvey, Volkswirt beim Researchhaus Capital Economics. Auch DZ-Bank-Analyst Sören Hettler ist skeptisch, ob sich die Lira-Erholung als nachhaltig erweist. "Übermäßiger Optimismus für die Landeswährung ist angesichts der weiter bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen unseres Erachtens jedenfalls derzeit nicht angezeigt."
(APA/Reuters)