"Ein trojanisches Pferd": Die internationale Presse über Sebastian Kurz

Geht es um Beschreibungen von Sebastian Kurz, scheiden sich medial die Geister - in Österreich wie international. Der erfolgreiche Politiker ist für manche Vorbild, für manche ist seine Art und seine Politik abzulehnen.
Eines der polarisierendsten Titelblätter des vergangenen Jahres entstand jedenfalls in Wien: Im Falter bezeichnete Herausgeber Armin Thurnher Kanzler Sebastian Kurz als "Neofeschisten" und bekam viel Zustimmung - und viel Kritik.
Von Felix Stippler

Einen anderen Titel hat der Kurier für Kurz: "Wunderwuzzi". Denn nicht jeder werde mit 31 Regierungschef.

Ein Blick über den Tellerrand sei gewagt. Und zwar nach Paris, wo die Monde eine Sebastian-Kurz-Geschichte so betitelte: "Das neue Gesicht im Kampf gegen die Einwanderung". Die Zeitung sieht die Rolle des Kanzlers in der EU kritisch. Laut der Monde würden manche Kurz gar für "ein trojanisches Pferd, das den Rechtsextremismus mehrheitstauglich macht" halten.

Einen ähnlichen Ton wählt auch die deutsche Wochenzeitung Die Zeit. In einem Kommentar zur Nationalratswahl beschrieb sie den Aufstieg des Sebastian Kurz - vom "Geilomobil" bis ins Kanzleramt. Sein Erfolgsrezept reduzierte die Zeitung auf einen einzigen Satz: "Die Migranten sind schuld."

Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist Sebastian Kurz ein "Wunderknabe". Einer, dem die ÖVP zu Füßen liege, so beschreibt die konservative deutsche Zeitung den Bundeskanzler im Porträt. Der auf den richtigen Moment gewartet habe, um in den Vordergrund zu treten und die Wahl für sich zu entscheiden.

Derart berechnend schätzt der englische Guardian den Bundeskanzler nicht ein. Sein Aufstieg sei lediglich ein "gewagtes Spiel" gewesen, das eben aufging. Besonders sorgfältig dürfte die Guardian-Redaktion bei ihrer Recherche aber nicht vorgegangen sein. Immerhin fiel sie auf einen Artikel der "Tagespresse" hinein.

Die spanische Traditionszeitung El País kritisierte Kurz' Wahl der FPÖ als Koalitionspartner besonders scharf. In einem Artikel zur Regierungsbildung hieß es ironisch: "Sebastian Kurz hat sich keinen unkomplizierten Regierungspartner ausgesucht."

Eine Gegenbewegung zu Merkel und Macron: Das stellt Kurz für die englischen Times in der EU-Berichterstattung dar. Jung und bestimmt. Die Art von Führungspersönlichkeit, die die Briten dazu überzeugen könnte, in der EU zu bleiben. Großer Beifall also von der konservativen Zeitung aus London für Wien.

Außerhalb Europas ist Kurz nicht außerordentlich präsent. Der Sydney Morning Herald widmete ihm zwar einen Artikel. Über die korrekte Schreibweise seines Nachnamens dürfte sich der Autor aber nicht sicher gewesen sein. So wurde aus "Kurz" manchmal "Kurtz".

In den USA sorgte der neue US-Botschafter in Berlin für neues Interesse an Kurz, nachdem der Botschafter ihn gelobt hatte. Die Washington Post aus der Hauptstadt der USA beschrieb Kurz in dem Zusammenhang als "Mitte-Rechts-Politiker, der Merkel kritisiert hat, sich Sprache von Rechtsradikalen lieh und im Moment in Koalition mit der FPÖ - einer nativistischen, pro-russischen und anti-pluralisitischen Partei - Österreich regiert".