Pop

Austragungsort: Song Contest in Israel? Entscheidung im Herbst

Heuer hat sich die Israelin Netta Barzilai im Wettsingen in Lissabon durchgesetzt.
Heuer hat sich die Israelin Netta Barzilai im Wettsingen in Lissabon durchgesetzt.(c) APA/AFP/FRANCISCO LEONG
  • Drucken

Ein Song Contest in Jerusalem wäre ein politisches Statement, das die EBU nicht will.

An sich wäre alles klar: Israel hat den Song Contest gewonnen – also ist es Gastgeberland des Musikwettbewerbs im kommenden Jahr. So wird das in der European Broadcasting Union (EBU) gehandhabt. Heuer hat sich die Israelin Netta Barzilai im Wettsingen in Lissabon durchgesetzt – und Regierungschef Benjamin Netanjahu gratulierte sofort per Telefon, lobte die extravagante junge Sängerin als „Israels beste Botschafterin“ – und legte kurz darauf via Twitter politisch nach: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“

Besteht Netanjahu auf Jerusalem, könnte er allerdings die Berechtigung seines Landes, Gastgeber des Wettbewerbs 2019 zu sein, gefährden: Denn was die EBU auf keinen Fall will, das ist eine politische Instrumentalisierung der Veranstaltung. Der Kampf um die Hauptstadt Jerusalem, die auch die Palästinenser für sich beanspruchen, wurde zuletzt unter anderem durch US-Präsident Donald Trump angeheizt, der Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt und damit schwere Unruhen in den Palästinensergebieten ausgelöst hat. Zwar wurde der Song Contest bereits im Mai 1999 in Jerusalem ausgetragen (im Sim International Convention Center) – aktuell ist die Stimmung im Land aber sehr aufgeheizt, was internationale Veranstalter beunruhigt: So wurde vor drei Wochen ein WM-Testspiel der argentinischen Nationalmannschaft in Israel wieder abgesagt, nachdem es von Haifa nach Jerusalem verlegt worden war.

Zweiter Knackpunkt für eine Austragung des Song Contest in Israel ist der israelische TV-Sender Kan. Als öffentlich-rechtlicher Sender des Landes und Mitglied der EBU wäre er für die Austragung des Events zuständig. Nun will die israelische Regierung aber die Nachrichtenabteilung aus der Fernsehanstalt ausgliedern – damit könnte Kan laut einem Bericht der israelischen Zeitung „Haaretz“ die Mitgliedschaft in der EBU entzogen werden. Dann aber gäbe es keinen Sender in Isreal, der den Song Contest ausrichten könnte.

Auch Tel Aviv, Haifa, Eilat im Rennen

Am Montag hieß es nun, Isreal habe sich mit der EBU geeinigt, dass die Entscheidung erst nach einem Bieterwettbewerb im September getroffen wird. Neben Jerusalem kommen laut Medienberichten auch Tel Aviv, Haifa und Eilat als Austragungsort in Frage. Laut „Haaretz“ gibt es aber nur eine Halle, die die „organisatorischen und politischen Anforderungen“ (und den von der EBU geforderten Platz für 10.000 Zuschauer) erfülle: das Tel Aviv Convention Center. Nur dass der Bürgermeister der Stadt gleich nach Israels Sieg in Lissabon für seine Stadt abgewunken hat . . . (APA/i. w.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

"Nächstes Mal in Jerusalem" rief eine glücksstrahlende Netta Barzilai nach ihrer Wahl zur Siegerin des Eurovision Song Contest.
Pop

Song Contest in Israel? Erst im Herbst Gewissheit

Es gibt Befürchtungen wegen einer Politisierung des Wettbewerbs in Israel - und Streit um den Sender. Falls er dort stattfindet, kommen auch Tel Aviv, Haifa und Eilat in Frage.
LISBON PORTUGAL MAY 13 2018 Singer Netta Barzilai R representing Israel wins the Grand Final
Pop

Israel könnte Song Contest wegen Finanzstreits absagen

Der zuständige Fernsehsender Kan setzt der Regierung ein Ultimatum bis Dienstag: Fließt bis dann kein Geld, soll es keinen ESC 2019 in Israel geben.
Pop

Ist Nettas Eurovision-Siegerlied von den White Stripes abgekupfert?

Universal Music erhebt Plagiatsvorwürfe gegen die Komponisten des Siegerlieds "Toy" des heurigen Eurovision Song Contests. Israelische Medien spekulieren sogar über eine nachträgliche Disqualifizierung.
Pop

Song Contest: Israel beendet Finanzstreit vorerst

Ein Ultimatum der Europäischen Rundfunkunion über die Zahlung von etwa 12 Millionen Euro sorgte für Streit zwischen TV-Sender Kan und der Regierung. Zur Not könnte Österreich als Austragungsort zum Zug kommen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.