Festspiele Stockerau: Shakespeare mit Army-Kluft

Maschinengewehre und „Single Ladies“: Zeno Staneks „Viel Lärm um nichts“-Inszenierung setzt auf Krieg und Klamauk.

Messina ist von Aragon besetzt – und die Stockerauer Sommertheaterbühne von ungenierten Kerlen in Army-Kluft: Aus einer rostigen Rutsche purzeln sie auf die mit Teppichen ausgelegte Bühne, klettern über Trümmerrampen (als Inspiration dienten Fotos des zerstörten Afghanistan von Brian McKee) und abgewetzte Sofas, fuchteln wild mit ihren Maschinengewehren und schießen in die Luft. Es ist mehr ein Aufdrängen als das höfliche Annehmen einer Einladung, das die Handlung der Stockerauer Version von Shakespeares „Viel Lärm um nichts“ – inszeniert von Stockerau-Intendant Zeno Stanek – einleitet: Erfolgreich vom Krieg zurückgekehrt, quartieren sich die Waffen schwingenden Männer im Frauenhaushalt von Gouverneurin Leonata ein, um sich fortan in Liebeskämpfen und Brachialklamauk zu üben.

Bevor am Ende die Shakespeare'sche Dramatik alle vorherigen Gagversuche überstrahlen darf, wird also munter dahingewitzelt, ohne Rücksicht auf Stringenz: Die Auftritte von Alphakriegsheld Don Pedro begleitet spanisches Gelispel, die dümmlich-patscherten Slapstick-Wachposten brüllen dazu „Make Aragon Great Again!“ Die Damen des Hauses, gewandet in trashigen Schichtenlook, tanzen zu Beyoncés „Single Ladies“, legen sich Gurken auf die Augen und schmachten, die Männer lassen den Macho raushängen. Das Paar um den schnuckligen Benedikt (vom Publikum umjubelt: Okan Cömert) und die giftende Beatrice (Karin Lischka) neckt sich ausgiebig, bevor es sich liebt – wirklich zünden tun ihre Zoten aber nicht. Und der neidische Don Juan (Christian Strasser im schwarzen Kampfanzug mit Netzärmeln) schreit währenddessen trotzig „Rache, Rache, Rache!“, schimpft wie ein Rohrspatz auf seinen „Luder-Bruder“ Don Pedro und wirkt dabei so bedrohlich wie der Zauberer Tintifax und so zornig wie ein Kind, das zwischendurch vergisst, warum es eigentlich wütend war.

Weibliche List siegt

Das alles ist oft unterhaltsam, nicht immer, steht der flotten Entfaltung der Handlung aber nicht im Weg: Vermeintliche Untreue, geschickt gestreute Gerüchte, Tricks und Intrigen bestimmen die romantischen Geschicke, am Ende siegt weibliche List über männliche Leichtgläubigkeit. Das Ensemble überzeugt mit lustvollem Spiel. Für Intendant Stanek ist die Produktion Auftakt einer Shakespeare-Trilogie: Nächstes Jahr will er hier „Romeo und Julia“ spielen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2018)

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