Zumtobel muss sich neu erfinden

Bei Zumtobel mussten schon einige Mitarbeiter dem Konzern den Rücken kehren.
Bei Zumtobel mussten schon einige Mitarbeiter dem Konzern den Rücken kehren.(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Das Familienunternehmen zieht nach hohen Verlusten die Reißleine. Alle Fabriken und Strukturen stehen auf dem Prüfstand, Management und Verwaltung werden gestrafft.

Wien. „Uns fehlen zwölf Prozent Wachstum.“ Die Aussage des neuen Zumtobel-Chefs, Alfred Felder, am Donnerstag sagt alles über die Misere, in der das renommierte Familienunternehmen steckt. Der Vorarlberger Spezialist für Industrieleuchten für Büros, Gebäudefassaden und öffentliche Räume ist aufgrund sinkender Nachfrage und des damit verbundenen Preisdrucks sowie negativer Währungseffekte in der Schweiz und in Großbritannien tief in die Verlustzone gerutscht.

Bei einem um 8,2 Prozent auf 1,2 Mrd. Euro gesunkenen Umsatz sackte das Betriebsergebnis von 72,4 auf 19,7 Mio. Euro ab. Sondereffekte von 27 Mio. Euro (Währungsverluste von 31,5 Mio. wurden von Einsparungen von 16,2 Mio. Euro etwas abgefedert) ließen das Nettoergebnis von 25,2 Mio. Euro auf minus 46,7 Mio. Euro drehen. Die Dividende entfällt.

Der neue Konzernchef, Alfred Felder, soll den Scherbenhaufen, den ihm sein geschasster Vorgänger Ulrich Schumacher hinterließ, zusammenkehren und die Leuchtkraft wiederherstellen. Wobei der Abgang Schumachers, der 2013 eigens als Sanierer geholt worden war, vor allem auch von heftigen Differenzen mit Jürg Zumtobel, Eigentümervertreter und Aufsichtsratschef, verursacht worden ist.

Der Konflikt, der auch in den Abgang etlicher Führungskräfte (inklusive Finanzvorständin Karin Sonnenmoser) und von Aufsichtsräten mündete, blieb nicht unbemerkt: Kunden und Aktionäre entzogen Zumtobel das Vertrauen. An der Börse wurde es am Donnerstag finster, obwohl den Anlegern nach zwei Gewinnwarnungen im Laufe des Geschäftsjahres schon Böses geschwant haben muss: Die Aktie verlor bis zu 19 Prozent auf 6,49 Euro, den niedrigsten Stand seit mehr als neun Jahren. Vor einem Jahr kostete sie 20 Euro.

Nur ein schwacher Trost: Im Sog von Zumtobel und nach eigener Gewinnwarnung sackte die Aktie des Konkurrenten Osram um bis zu 20 Prozent ab.

Neues Vertriebssystem

Felder, der sein Verhältnis zum weiter an der Aufsichtsratsspitze stehenden Jürg Zumtobel als „ausgezeichnet“ bezeichnete, schlüpft nun auch in die Saniererrolle. Es ist ein Drahtseilakt: Er muss das operative Geschäft stabilisieren, sodass der Umsatz anspringt. Das betrifft auch den vom Brexit belasteten größten Einzelmarkt Großbritannien, wo nicht investiert wird. „Wir müssen uns auf die Kunden fokussieren“, lautet das – eigentlich für jedes Unternehmen selbstverständliche – Ziel. Der Vertrieb wird dazu neu organisiert.

Und es wird gespart. Finanzvorstand Thomas Tschol bezifferte das Ziel mit unter 50 Mio. Euro im Jahr. Management und Verwaltung werden gestrafft, von 45 Führungskräften gibt es noch 15. Der Personalstand fiel schon um 5,2 Prozent auf 6560 Mitarbeiter.

„In guten Jahren wurde viel Speck angesetzt, der muss weg“, sagte Felder. Die Produktzyklen würden auch in der Lichtbranche kürzer. „Wir müssen uns an der Halbleiterindustrie orientieren.“ Deshalb erhält der Konzern, an dem die Familie 35 Prozent und vier institutionelle Investoren je vier Prozent halten, auch eine völlig neue Strategie. Alles steht auf dem Prüfstand. Die zwölf – derzeit unterausgelasteten – Fabriken werden auf Profitabilität abgeklopft, Schließungen sind nicht ausgeschlossen. Im Vordergrund steht, Produkte von teuren in kostengünstigere Standorte zu verlagern.

Viel bringen soll diesbezüglich die neue Fabrik in Serbien, die jetzt anläuft. Sie soll das Bollwerk gegen chinesische Billigimporte werden, die mitschuldig am Preisverfall sind. Je nach Höhe weiterer Sondereffekte soll es im „Übergangsjahr“ 2018/19 eine schwarze bzw. rote Null geben. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2018)

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