ÖBB-Betriebsversammlungen drohen am Montag Bahnverkehr lahmzulegen

BETRIEBSVERSAMMLUNG DER EISENBAHNER IN SALZBURG
BETRIEBSVERSAMMLUNG DER EISENBAHNER IN SALZBURGAPA/NEUMAYR/SB
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Die ÖBB veranstalten wegen der geplanten Änderungen bei der Arbeitszeit über 200 Betriebsversammlungen in ganz Österreich. Massive Zugverspätungen und gar Zugausfälle sind zu erwarten.

Für Bahnfahrer und Pendler wird der Start in den Juli beschwerlich. Denn am Montag (2. Juli) werden zwischen 6 und 9 Uhr in der Früh Betriebsversammlungen bei den ÖBB stattfinden, mit wahrscheinlich starken Auswirkungen auf den Zugverkehr. Der Betriebsrat informiert die Mitarbeiter über die Auswirkungen der geplanten Änderungen im Arbeitszeitgesetz. "Man muss mit massiven Verspätungen rechnen. Die konkreten Auswirkungen sind aber offen", sagte ÖBB-Konzernbetriebsrats- und vida-Chef Roman Hebenstreit am Freitag im APA-Gespräch.

"Die ÖBB tun das Möglichste, um einen reibungslosen Verkehr aufrecht zu erhalten. Wir werden unsere Kunden laufend über alle Kanäle informieren", sagte ein ÖBB-Unternehmenssprecher auf Anfrage. Trotzdem drohen laut Betriebsrat nicht nur Verspätungen, sondern auch Zugausfälle.

Hebenstreit, der um Verständnis der Fahrgäste bat, betonte, nicht vorhersagen zu können, wie stark sich die 200 Betriebsversammlungen auf den Zugverkehr auswirken werden. Es sei offen, wie viele Eisenbahner an den Versammlungen teilnehmen werden. "Momentan ist das Interesse aber sehr groß", sagte der Betriebsratschef.

Gewerkschaft verteidigt ÖBB-Betriebsversammlungen

Auch wann mit einer Normalisierung des Verkehrs nach Ende der Betriebsversammlungen zu rechnen sei, sei offen. Ebenso nicht vorhersagbar sei, wo in Österreich sich die Versammlungen am stärksten auswirken werden, erklärte Hebenstreit.

"Die Eisenbahner sind gleich betroffen wie Arbeitnehmer in allen anderen Betrieben und Branchen", sagte Hebenstreit. Auch wenn bei den ÖBB 12-Stunden-Schichten schon möglich seien, "hat der Rest des Paketes unter anderem mit der 60-Stunden-Woche breiteste Auswirkungen" auf die Bundesbahnen.

Der Gewerkschafter verteidigte die Betriebsversammlungen im Montag-Frühverkehr auf Nachfrage vehement: "Wir haben uns das ja nicht ausgesucht. Wir würden gerne planmäßig fahren. Aber wenn die Regierung überfallsartig über die arbeitenden Menschen drüberfahren will, dann müssen die Mitarbeiter informiert werden. Es ist unsere Pflicht, die Bediensteten über die bevorstehenden Verschlechterungen im Arbeitszeitgesetz zu informieren. Dadurch wird dann leider auch der Betriebsablauf gestört."

Dienstverhinderung wegen Zugverspätung

Wer aufgrund von Zugausfällen, die zum Beispiel wegen der Abhaltung von Betriebsversammlungen der Unternehmen des Öffentlichen Verkehrs entstehen, nicht oder nicht pünktlich zur Arbeit kommen kann, braucht keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu fürchten. Das betonte der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) am Freitag bezogen auf die Zugausfälle wegen ÖBB-Betriebsversammlungen Montagfrüh.

Zugverspätungen oder -ausfälle sind demnach ein Verhinderungsgrund, der das Fernbleiben von der Arbeit rechtfertigt. Man muss aber alles Zumutbare unternehmen, um zur Arbeit zu kommen - also zum Beispiel mit dem Auto fahren, sofern man eines hat. Außerdem muss man den Arbeitgeber über die Verspätung bzw. der Verhinderung informieren.

Gewerkschaft droht mit Streik

Indes droht in der Diskussion um neue Arbeitszeitregeln PRO-GE-Vorsitzender und FSG-Chef Rainer Wimmer mit Streiks während der EU-Präsidentschaft Österreichs. Man werde sich den Zeitpunkt für Kampfmaßnahmen gegen die Arbeitszeit-Verlängerung genau ansehen. "Wie wir wissen gibt's ganz besondere Zeitfenster, wenn Österreich im europäischen Blickpunkt steht", so Wimmer am Freitag gegenüber dem ORF Vorarlberg.

Die Betriebsversammlungen und die Großdemonstration seien erst der erste Schritt. Reagiere die Regierung nicht, seien schärfere Maßnahmen geplant. "Wenn man sieht, dass die Regierung überhaupt nicht darauf reagiert, sind strengere Maßnahmen geplant", erklärte Wimmer, der von einer "Ausbeutung ohne Mitwirkungsrechte der betroffenen Menschen" sprach. Zunächst gehe es aber um Aufklärung.

Verärgert zeigte sich Wimmer über Kanzler Kurz, der erklärte, es sei das gute Recht der Arbeiterkammer, die Fahrt- und Hotelkosten für die Demonstranten zu übernehmen. "Ich bin überrascht, dass von oberster Spitze, also vom Bundeskanzler, hier mit Fake News ganz bewusst Stimmung gemacht wird." 

(APA)

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