Rauere Töne aus Mexico City: „Hör mal, Trump“

Andrés Manuel López Obrador.
Andrés Manuel López Obrador.(c) APA/AFP/PEDRO PARDO (PEDRO PARDO)
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Andrés Manuel López Obrador überdenkt das Verhältnis zu Washington. Im Wahlkampf sprach er auch die US-Mexikaner an. Von Donald Trumps Grenzmauer hält Mexikos künftiger Präsident nichts. Im Naturell gleicht er Trump.

New York. Mehr als zehn Prozent der US-Bevölkerung, oder rund 35 Millionen Menschen, haben mexikanische Wurzeln. Jene von ihnen, die einen mexikanischen Pass haben, konnten bei den Wahlen am Sonntag erstmals auch direkt aus den USA ihre Stimme abgeben. Also machte sich Andrés Manuel López Obrador im Wahlkampf auch in Richtung Norden auf. Und machte dabei klar, was er von Donald Trump hält: sehr wenig.

Ob bei seinen Auftritten in New York, Washington, Los Angeles oder San Francisco. Der künftige Präsident Mexikos hatte stets die gleiche Botschaft mit im Gepäck. Niemals werde man sich vom mächtigen Nachbarn an der Nase herumführen lassen. Die Flüchtlingspolitik des Weißen Hauses sei „unmenschlich”, Trump würde Migranten geradezu „verfolgen”. Ebenso wie sein Gegenstück aus Washington weiß sich auch Obrador zu inszenieren: Bis zu 100.000 Menschen kamen zu seinen US-Veranstaltungen.

Von der Idee, dass Mexiko die Kosten für die Grenzmauer tragen werde, wird sich der US-Präsident mit der Wahl des Linkspopulisten jedenfalls verabschieden müssen. Die Mauer verletze die Menschlichkeit und die Intelligenz der mexikanischen und der amerikanischen Bevölkerung, brüllte López Obrador vor der Wahl in die Mikrofone. Seine Gedanken zur US-Immigrationspolitik schrieb er auch in einem Buch nieder. Der Titel: „Hör mal, Trump!“

Der US-Präsident kämpft gerade um ein Gesetz, mit dem er die Immigrationspolitik der USA neu aufstellen will. Er plant, der illegalen Zuwanderung aus Mexiko ein Ende zu bereiten – durch die Errichtung einer Grenzmauer und durch seine Politik der Nulltoleranz, mit der er Migranten abhalten will, den illegalen Grenzübertritt überhaupt erst zu versuchen. Kurzzeitig führte dies dazu, dass Kinder von ihren Eltern getrennt wurden. Davon ist Trump inzwischen wieder abgerückt.

Durchbruch bei Nafta?

Freilich: Die lautstarke Kritik López Obradors an Trump war zum Teil auch pure Wahlkampftaktik. 80 Prozent der Mexikaner stehen dem US-Präsidenten negativ gegenüber. Entsprechend brachte der aggressive Stil Wählerstimmen. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass sich das Verhältnis zwischen den beiden bessert. Sowohl Trump als auch López Obrador haben angekündigt, intensiv zusammenarbeiten zu wollen. Freundlich gratulierte Trump ihm per Twitter.

Tatsächlich vereint die beiden vor allem in Handelsfragen ein gewisses Maß an Linkspopulismus, und das könnte bei den Verhandlungen zum nordamerikanischen Freihandelsabkommen (Nafta) einen Durchbruch bedeuten. So fordern die USA im Sinne López Obradors, dass ein Teil neu produzierter Autos von Arbeitern hergestellt wird, die einen entsprechenden Mindestlohn verdienen. Zuletzt war von 16 Dollar pro Stunde die Rede. Aktuell verdienen die Arbeiter in Mexiko vier bis acht Dollar.

Trump hatte angedroht, das Abkommen mit Kanada und Mexiko aufzukündigen, sofern sich die Bedingungen nicht grundlegend ändern. López Obrador hat Trumps Drohung stets gekontert. Auch etwaige Tarife auf Autolieferungen in die USA will er keinesfalls akzeptieren. Klar ist: Jeder neue Freihandelsdeal könnte frühestens 2019 in Kraft treten. Im November wählen die USA einen Gutteil des Kongresses neu, am 1. Dezember tritt Mexikos neuer Präsident offiziell sein Amt an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2018)

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