Was sagt die Regierung?

MINISTERRAT - PRESSEFOYER: KURZ / STRACHE
MINISTERRAT - PRESSEFOYER: KURZ / STRACHEAPA/GEORG HOCHMUTH
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Per Initiativantrag brachten Türkis-Blau ihre Änderungswünsche beim Arbeitsrecht ein. Der Ursprungsantrag der Regierung musste allerdings nachgeschärft werden.

Angekündigt hatte Türkis-Blau ja schon länger, der aktuellen gesetzlichen Arbeitszeitregelung an den Kragen zu wollen. Ende Mai schien das Projekt dann einen zeitlichen Rahmen zu bekommen: Im Herbst könne es so weit sein, meinte Sozialministerin Hartinger-Klein (FPÖ), deren großes Ressort für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz eigentlich inhaltlich für die Arbeitszeitregelung zuständig wäre. Doch: Um Hartinger-Klein machte die Regierung diesmal offenbar einen Bogen. Und schickte Mitte Juni eher überraschend einen gemeinsamen Initiativantrag ins Parlament. Der Rest, möchte man meinen, ist Geschichte.

Arbeitszeit soll an Auftragslage angepasst werden

Doch was sieht der Plan von ÖVP und FPÖ eigentlich vor? Im Initiativantrag zu lesen ist grundsätzlich eine Ausweitung der gesetzlichen Arbeitszeit: Die Regierung wünscht sich, dass "das Arbeitszeitvolumen besser an die Auftragslage" angepasst werden kann. Außerdem soll eine "bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit" gewährleistet werden. Wie das gelingen soll? Indem die mögliche Höchstarbeitszeit erhöht wird.

  • Geht es nach der Änderungsvorlage der Regierung, wächst die täglich mögliche Höchstarbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden - fünf Mal pro Woche.
  • Arbeitnehmer sollen künftig auch mehr Überstunden machen können, gibt es "höheren Arbeitsbedarf" bei Unternehmen. Arbeitnehmer sollen in so einem Fall die Mehrarbeit aus "überwiegenden persönlichen Interessen" ablehnen können, allerdings nur dann, wenn dadurch eine Tagesarbeitszeit von zehn Stunden oder eine Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten würde.
  • Ganz vom Arbeitszeitgesetz ausgenommen werden Familienangehörige die im Unternehmen arbeiten. Auch bei Angestellten werden die Ausnahmen erweitert: Neben leitenden Angestellten werden künftig auch sonstige Arbeitnehmer, denen "maßgebliche selbstständige Entscheidungsbefugnisse" übertragen werden, von den Regeln ausgenommen. Für sie gelten dann keine Arbeitszeit-Beschränkungen.

So viel zu den wesentlichen Punkten des Änderungsvorschlages der Regierung - der das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz betreffen. Bei Letzterem will die Regierung ein "Risiko- und Auffälligskeitsanalyse-Tool" festschreiben, um Missbräuche überprüfen zu können, etwa bei Krankenständen oder bei Schwarzarbeitsverdacht. Alle Änderungen sollen mit 1. Jänner 2019 umgesetzt werden.

Nach der Kritik der Limbo

Die Kritik an den Plänen kam freilich - schnell und harsch. Die Regierung tanzte daraufhin Limbo beim Versuch, das Bild zu korrigieren: Weil die immer wieder betonte "Freiwilligkeit" bei Überstunden im angedachten Gesetz keinen Platz fand, verkündete Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) eine "Präzisierung" des Gesetzestextes, wobei auch das Ablehnen von elfter und zwölfter Arbeitsstunde ohne der Angabe von Gründen festgeschrieben werden solle. Sowohl Strache als auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hielten anschließend fest, dass der Acht-Stunden-Tag "gesetzlich gesicherte Normalität" sei. Die Reform, meinte Kurz erst kürzlich im Parlament, sei außerdem gar keine große.

Tatsächlich schrieben die Koalitionsparteien diese Änderung dann auch in einen Abänderungsantrag, genauso wie eine Präzisierung bei der Gleitzeit. Nachverhandeln will die Regierung nicht mehr.

Opposition dagegen, aber aus unterschiedlichen Gründen

Die SPÖ tritt gemeinsam mit der Gewerkschaft gegen den Zwölf-Stunden-Tag auf, auch wenn schon Christian Kern eine Reform der Arbeitszeit auf den Weg bringen wollte. In seinem "Plan A" sollen nur dann zwölf Stunden erlaubt werden, wenn es im Ausgleich "längere zusammenhängende Freizeitblöcke" gibt.

Die Liste Pilz tritt generell gegen eine Ausweitung der Maximalarbeitszeit auf und fordert die Einführung einer 35-Stunden-Woche.

Die liberalen Neos sind zwar für eine Arbeitszeitflexibilisierung. Die "Dampfwalzenpolitik" der Regierung goutiert die Partei aber nicht. Das Gesetz sei außerdem "handwerklich schlecht gemacht". Besonders problematisch findet man, dass künftig Angestellte mit "maßgeblich selbstständiger Entscheidungsbefugnis" vom Arbeitszeitgesetz und Arbeitsruhegesetz ausgenommen werden können.

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