Grüner Werner-Lobo: "Bologna-Umsetzung ist kleingeistig"

Gruener WernerLobo BolognaUmsetzung kleingeistig
Gruener WernerLobo BolognaUmsetzung kleingeistig
  • Drucken

Autor Klaus-Werner Lobo, Grüner Kandidat für die Wiener Gemeinderatswahl, sieht in der Demonstration ein "Wiedererwachen" der Proteste von 2009.

Mehrere tausend Studenten sind am Donnerstag in Wien auf die Straße gegangen, um gegen das Bologna-Studiensystem zu protestieren. Die Wiener Grünen unterstützen den Protest. Autor Klaus-Werner Lobo, Grüner Kandidat für die Gemeinderatswahl, sieht in der Demonstration ein Wiedererwachen der Proteste von 2009.

DiePresse.com: Warum sind Sie heute hier?

Klaus Werner-Lobo: Weil das glaube ich wieder der Auftakt ist, dafür dass die Studierenden zeigen, dass das quasi nur eine Winterpause war. Und weil das ein Lebenszeichen ist. Da wird sicher noch mehr passieren, wo es endlich wieder, nach vielen Jahren des Schweigens eine große Mehrheit von Menschen gibt, die sagen: Das ist das siebtreichste Land der Welt und wir fordern erstklassige Bildung ein und wir fordern, dass diese Bildung allen zugänglich ist.

Worum geht es heute konkret? Anlass ist ja das Zehn-Jahres-Jubiläum des Bologna-Prozesses.

Werner-Lobo: Meiner persönlichen Meinung nach ist Bologna ja an und für sich keine schlechte Idee. Die Idee, Bildungsstandards zu internationalisieren und damit auch international zugänglich zu machen, zu globalisieren, finde ich eine hervorragende Idee.

Das Problem ist also die Umsetzung?

Werner-Lobo: Die nationale Umsetzung ist kleingeistig geprägt, von Kürzungen geprägt und dadurch, dass man es nur gewissen wirtschaftlichen Interessen zugänglich macht. Dadurch, dass man das ganze verschult und damit jegliche Form von Kreativität und ein großes Denken davon, was eigentlich Bildung sein sollte, verunmöglicht.

Sie sagen, die "nationale Umsetzung". Bedeutet das, dass es Länder gibt, wo das Bologna-System besser umgesetzt wurde, als bei uns in Österreich?

Werner-Lobo: Ich weiß, dass es in Deutschland auch nicht wirklich super ist. Ich sehe, dass das, was in Wien im Herbst begonnen hat, auf fast alle europäischen Länder übergegriffen hat. Ich sehe gleichzeitig, dass gerade in diesem Jahr der Wirtschaftskrise die meisten Regierungen eher sagen, jetzt sparen wir dort, wo es uns am wenigsten wehtut: etwa bei Bildung, bei öffentlichen Ausgaben, bei Infrastruktur - während man gleichzeitig den Banken das Geld hinten rein steckt. Das ist ist der falsche Weg.

Die Grünen haben gerade heute kritisiert, dass die voraussichtlichen Budget-Entscheidungen im Bereich Wissenschaft "dümmlich" sind. Was wäre Ihrer Meinung nach die Alternative?

Werner-Lobo: "Dümmlich" ist das beste Wort dafür. Und es geht darum, die Bevölkerung auch möglichst dumm zu machen. Ganz konkret: Es braucht eine Bildungsmilliarde. Das Geld ist da, das braucht man nur nehmen und man muss sich dafür entscheiden, es von denen zu nehmen, die es haben. Wenn wir zum Beispiel nur von den zehn reichsten Prozent der Bevölkerung eine Vermögenssteuer von einem Prozent einheben würden, hätten wir fünf bis sieben Milliarden pro Jahr. Das Geld ist da.

Es geht in erster Linie um die Kohle. Dann muss man Prozesse einleiten, die es den Studierenden und den Lehrenden ermöglichen, Bildung wirklich wieder größer zu sehen und nicht in diesem kleingeistigen und dümmlichen Stil, wie das von unserer leider sehr dümmlichen Regierung vorangetrieben wird.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Bologna oesterreich muss etwas
Hochschule

Bologna: "In Österreich muss etwas schief gelaufen sein"

EU-Bildungskommissarin Vassiliou hat Verständnis für die Proteste gegen das Bologna-Studiensystem. Ex-Wissenschaftsminister Einem äußert sich ähnlich. Bei der Umsetzung sei "vieles nicht gelungen".
Bologna Burns
Hochschule

Demo in Wien: "Wie studiert der Depp? Step by Step"

Mehrere tausend Demonstranten machen in Wien gegen das Bologna-Studiensystem mobil. Die europäischen Bildungsminister feiern dieser Tage ebendiese Uni-Architektur bei einer Konferenz in Budapest und Wien.
Meinung Bildung

Diskutiert Bologna emotionsloser!

Zum Zehnjahresjubiläum wird gegen die europäische Studienarchitektur demonstriert. Vieles ist falsch gelaufen, aber tot ist sie nicht.
StudentenProteste sollen weitergehen noch
Hochschule

Studenten-Proteste sollen weitergehen: "Das hat noch Drive"

Das Ende der Bologna-Konferenz soll nicht das Ende der Protestbewegung sein. In Deutschland steht ein Protesttag auf dem Programm. In Österreich gibt es weiter den Hochschuldialog.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.