Weniger Zucker? Agrana-Chef spricht von "unverantwortlichem Aktionismus"

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Symbolbild(c) Getty Images (Luis Ascui)
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Johann Marihart kritisiert Werbung für zuckerreduzierte Produkte. Sie würde Konsumenten in die Irre führen.

Wenn sogar schon große Lebensmittelketten darauf aufspringen, weiß man, wohin die Reise geht: dem Zucker geht es an den Kragen. Zuletzt hatte Merkur die Werbetrommel für einen Test gemacht, bei der Konsumenten die Originalversion eines Schokopuddings und eine um 20, 30 oder 40 Prozent reduzierten Variante verkosten konnten. Nun verkündete die Rewe-Tochter das Ergebnis der Abstimmung: Gewonnen hat eine 30 Prozent reduzierte Variante, die Originalrezeptur konnte nur rund fünf Prozent der Stimmen erreichen. Der neue Merkur-Pudding wird schon ab Juli in den Regalen sein.

Doch nicht jeder ist damit glücklich: Agrana-Vorstandsvorsitzender Johann Marihart spricht von Kampagnen, die Konsumenten in die Irre führen würden. "Ich halte es für unverantwortlichen Aktionismus", so Marihart, dessen Unternehmen Zucker an den Mann bringt. Denn: "Nur weniger Kalorien führen zu weniger Fettleibigkeit."

Ernährungswissenschafter Jürgen König vom Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien erklärte anlässlich eines von Agrana ausgerichteten Hintergrundgesprächs, natürlich könne man zuckerreduzierte Lebensmittel konsumieren. Man solle aber aufpassen, dass man nicht in Gefahr läuft, dass man am Ende doch mehr Energie zunimmt als beabsichtigt.

Laut WHO-Empfehlungen sollten nur zehn Prozent des Energiebedarfs aus sogenanntem freien Zucker stammen. Bei einem Erwachsenen sind das pro Tag rund 50 Gramm, was zwölf Stück Würfelzucker entspricht. Dabei ist aber auch Zucker aus Honig, Sirupen oder Fruchtsäften inkludiert.

Mehr Fett, weniger Zucker

Die Kalorienzahl würde sich bei Produkten mit weniger Zucker kaum reduzieren, da meist der Fettgehalt nach oben geschraubt wird, hieß es bei der Diskussion. Man fühlt sich an fettreduzierte Produkte erinnert, die dafür oft mehr Zucker enthalten.

Dass die Kalorienaufnahme aber das Kernthema bei der Gewichtsreduktion ist, sei eine Tatsache, betonte König. "Zucker als solcher macht nicht krank, sondern die Energie, die im Zucker ist", und diese Energie enthalten auch andere Nahrungsmittel. "Wenn man in einer bestimmten Diät Zucker reduziert und durch einen anderen Inhaltsstoff kalorisch ausgleicht oder umgekehrt, wenn man Zucker durch Fett ersetzt: Solange die Kalorien gleich sind, hat es keinen Einfluss", meinte Marihart. Der Abnehmeffekt bleibe also aus.

"Will den Zucker nicht schön reden"

"Ich will den Zucker nicht schön reden, so ist es nicht gemeint, nur muss man aufpassen, dass man die richtigen Schlüsse zieht. Ihn zu reduzieren ist sinnvoll, aber nicht nur Zucker allein. Wir sollten von allem weniger essen. Da gehört Fett, alkoholische Getränke und Fleisch dazu, dann ist das durchaus sinnvoll", lautete das Plädoyer des Ernährungswissenschafters König.

Es mache aber keinen Sinn, zu sagen, wenn man den Zucker reduziert, dann hat man das Problem im Griff. Antizuckerkampagnen würden so letztendlich einen falschen Fokus setzen.

Auch der Agrana-Chef will mit seiner Kritik nicht aufrufen, mehr Zucker essen: "Essen soll ein befriedigendes Erlebnis bleiben, aber wir wollen die Leute nicht dick und krank machen." Weniger Kalorien sei da ein Teil des Konzepts, das durch mehr Bewegung ergänzt werden muss. "Wenn wir nur sitzen, so wenig kann man gar nicht essen, dass man nicht dick wird."

(APA)

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