Neuer Neos-Klubchef will Türkis-Blau verhindern

Amtsübergabe: Seit Donnerstag steht der Nachfolger Beate Meinl-Reisingers im pinken Rathausklub fest: Christoph Wiederkehr.
Amtsübergabe: Seit Donnerstag steht der Nachfolger Beate Meinl-Reisingers im pinken Rathausklub fest: Christoph Wiederkehr.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Christoph Wiederkehr übernimmt die erste Funktion Meinl-Reisingers. Die des Parteichefs dürfte folgen.

Wien. „FPÖ und ÖVP sind im Wiener Gemeinderat fast eine Einheitspartei. Ich glaube, dass sie nach der Wahl eine Koalition anstreben, wenn sich das ausgeht. Das würde der Stadt nicht guttun. Ich möchte mit den Neos so stark werden, dass das nicht möglich ist, genauso wenig wie Rot-Grün.“ Dies erklärt der 28-jährige Christoph Wiederkehr am Donnerstag unmittelbar nach seiner einstimmigen Kür zum neuen Klubchef der fünf Neos-Mandatare des Wiener Gemeinderats im Gespräch mit der „Presse“.

Kritik am „rot-grünen Sumpf“

Der Chef der Wiener Jugendorganisation Junos wird Beate Meinl-Reisinger Ende September folgen, die ihrerseits ja als Bundessprecherin in den Nationalrat wechselt. Damit ist wohl die Vorentscheidung gefallen, dass Wiederkehr später auch Landessprecher der Neos werden wird.

Er kündigt an, das Profil als Kontrollpartei zu schärfen: „Ich will noch akzentuierter die Neos mit harter Kritik und auch Aktionismus gegen den rot-grünen Sumpf positionieren.“ Im neuen Bürgermeister, Michael Ludwig, sieht er alles andere denn ein Zeichen der Erneuerung. Der SPÖ-Landeschef sei vielmehr Teil des alten Systems. Dass der frühere Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny Rektor der Wiener Musik. und Kunst-Uni (früher Konservatorium) werde, sei genauso „unverschämt“ wie der „Versorgungsposten“ für Ex-Vizebürgermeisterin Renate Brauner als Bevollmächtigte für Daseinsvorsorge.

Ob die Neos mit ihrer Betonung der Kontrollfunktion auf eine allfällige Regierungsbeteiligung nach der nächsten Wiener Wahl gleichsam freiwillig verzichten? Wiederkehrs Antwort: „Ich würde eine Regierungsbeteiligung nicht ausschließen. Wir wollen zunächst wachsen.“ Zuletzt haben es die Neos aus dem Stand 2015 auf 6,2 Prozent gebracht. Einen Dämpfer gab es in Wien bei der Nationalratswahl im Herbst 2017 mit einem Minus von 1,2 Prozentpunkten und einem Schrumpfen auf 6,5 Prozent.

Und mit wem könnte sich der designierte Neos-Klubchef eine Koalition vorstellen? „Mit der jetzigen FPÖ und deren Hetze sicher nicht.“ Den Kurs der Wiener ÖVP sieht er sehr kritisch. Die Partei drifte mit ihrem einzigen Thema, Migration, ab „in Richtung rechtsnationaler Stimmen“, so Wiederkehr. Er ortet in Wien große Sehnsucht nach einer Politik der Mitte – die er, wenig überraschend, durch die Neos garantiert sieht.

Der gebürtige Salzburger Politikwissenschaftler ist bei den Neos nach Auslandssemestern in Australien und einer Tätigkeit am Verfassungsgerichtshof eingestiegen. Nun sitzt er seit dem ersten Neos-Antreten 2015 im Gemeinderat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2018)

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