Zinshäuser: Zu führen wie eine Firma

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Alt oder neu? In sanierungsbedürftigen Objekten steckt mehr Potenzial. Aber auch mehr Arbeit – und die sollten sich nur Profis antun. Oder Privatinvestoren mit viel Zeit.

Ein Unternehmen zu leiten, das ist nichts, was man nebenbei erledigt. Der Chef muss Mitarbeiter führen und Kunden betreuen, an bestehenden Strukturen arbeiten und neue Strategien überlegen. Nicht anders läuft es, wenn man ein Zinshaus erwirbt, das schon in die Jahre gekommen ist. Ein älteres, unsaniertes Gebäude kaufen und flugs Geld damit verdienen? So einfach geht das nicht. Bausubstanz und Zinslisten wollen analysiert, Verbesserungs- und Revitalisierungsarbeiten erledigt werden – das Potenzial solcher Objekte gehört erst gehoben.

Es braucht Arbeit, Zeit, Geld

„Es ist, als würde man ein Unternehmen kaufen“, lautet daher auch die Empfehlung von Makler Georg Spiegelfeld beim Immotrend-Frühstück zum Thema Altbau oder Neubau. „Den Kauf sanierungsbedürftiger Zinshäuser sollten private Investoren besser den Profis überlassen“, so Spiegelfeld. Privatanlegern seien eher moderne Wohnbauten ans Herz gelegt – deren Potenzial ist schon entwickelt, sie sind meist gut vermietet, die groben Arbeiten im Wesentlichen erledigt. Natürlich sind ihre Renditen (erzielbare Mieten in Relation zu den Preisen) niedriger als bei sanierungsbedürftigen Objekten – aber eben auch der Aufwand.

„Man muss Arbeit, Zeit, das nötige Kleingeld investieren“, umreißt Daniel Jelitzka, geschäftsführender Gesellschafter von Dr. Jelitzka + Partner Immobilien, was es braucht, um ein Altbauzinshaus zu entwickeln. Auch hier habe man anfangs oft eine niedrige Rendite, diese lasse sich aber durch diverse Maßnahmen wie Renovierung und Zubauten erhöhen – etwa auf fünf, sechs Prozent. Er bemerkt ebenfalls Unterschiede im Investitionsprofil von Alt- und Neubaukäufern. Bei Ersterem sei eine „höhere Risikoaffinität“ zu sehen.

Mittelfristig attraktive Renditen

Zu den klassischen Zinshauskäufern zählen derzeit österreichische Privatpersonen, Stiftungen, Pensionsfonds sowie Immobilienaktien- und Investmentunternehmen. Die Erste Immobilien KAG beispielsweise hat kürzlich in Wien zwei Objekte in städtischen Ballungszentren für einen Fonds erworben. Nicht zuletzt, weil der nach Markteinschätzungen schon im Vorjahr als solid bewertete Wohnimmobilienmarkt sich nach wie vor stabiler als andere Nutzungsarten erweist, wie man bei der Erste Immobilien KAG feststellt.

Schnelle Gewinne seien kaum mehr möglich, sagt Rechtsanwalt Andreas Grohs, der sich seit knapp 30 Jahren mit dem Thema beschäftigt. „Über einen mittel- bis langfristigen Zeitraum liefern Zinshäuser aber attraktive Renditen von vier bis sechs Prozent und mehr.“ Und zwar inflationsbereinigt. Voraussetzung für derartige Renditen: Das Haus muss die ganze Zeit über gut verwaltet, verbessert, geführt werden. Die Zeiten, in denen derartige Ankäufe bis zu 100 Prozent fremdfinanziert wurden, sind allerdings vorbei, sagt Grohs. Jetzt brauche man mindestens 20, 30 Prozent Eigenmittelanteil – und eine gute Bonität.

Ausbau birgt Möglichkeiten – und Gefahren

Sind Bonität und Geld vorhanden: Wonach richtet man sich dann bei der Auswahl eines Zinshauses? Grohs arbeitet grundsätzlich eine Checkliste ab – und die ist sehr umfangreich, speziell wenn es um sanierungsbedürftige Gebäude geht. Die Kriterien reichen dabei von der Bewertung des Objekts über die Zinslisten, bauliche Details und Entwicklungsmöglichkeiten bis hin zu den Mietverträgen, der Infrastruktur der Umgebung.

Einen großen Pluspunkt für das Gebäude kann der Ausbau des Dachgeschoßes bedeuten – muss aber nicht sein. Plant man beispielsweise einen „schweren“ Ausbau mit mehreren zusätzlichen Geschoßen, kommen die neuen Erdbebennormen zum Tragen. „Und dann muss bei einer Aufstockung der Bestand die Qualität eines Neubaus erhalten“, weiß Jelitzka. Dies sei häufig sehr kompliziert – nicht nur wegen der aufwendigen baulichen Maßnahmen, sondern auch wegen der Belastungen für die Mieter während der Arbeiten. „Lassen die Preise in dieser Lage eine Vermietung zu 22 Euro netto pro Quadratmeter und Monat zu, dann zahlt sich das aus. Sind diese nicht zu erzielen, dann sind die Maßnahmen nicht gerechtfertigt“, gibt Jelitzka ein Rechenbeispiel. Befinde sich das Gebäude nicht in einer tollen Lage, sei also in den meisten Fällen ein leichter Ausbau des oberen Geschoßes die klügere Variante.

Kalkulation und Emotion

Interessiert man sich für ein Gebäude, sollte man sich, so Jelitzka, auch vor Ort ein Bild machen. Durch das Gebäude gehen, die Bausubstanz in Augenschein nehmen, den Zustand der Fenster überprüfen, ein Gespräch mit dem Hausbesorger führen. „So kann man sich ein Gefühl für den Bau verschaffen.“ Denn schließlich beruhe für ihn eine Kaufentscheidung zwar zu 50 Prozent auf Kalkulation. Zur Hälfte aber auch auf Emotion, auf Fantasie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2010)

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