Anlässlich einer Mahnung des deutschen Präsidenten: Zur Metaphorik des Spalts.
Eine „gewisse Disziplin bei der Sprache“ hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gefordert und weiters ausgeführt, man solle „keine Sprache pflegen, die spalterisch wirken kann“.
Das gibt natürlich allen Freunden der Sprachdisziplin zu denken. Erstens müssen sie der Versuchung entgegenwirken, das Wort „spalterisch“ wie „cholerisch“, „hysterisch“ oder „buchhalterisch“ auf der vorletzten Silbe zu betonen. Zweitens aber müssen sie sich bange fragen, ob der Sprache nicht stets eine bedenkliche Tendenz zum Spalterischen innewohnt, wie überhaupt dem menschlichen Denken. Da sieht man sich etwa das elektromagnetische Spektrum zwischen 380 und 790 Nanometer an, spricht verträumt von Rot, Gelb, Grün und Blau – und, pardauz!, man hat es schon gespalten. Geradezu essenziell sind die spalterischen Aktivitäten in der Physik, wo sich kein Teilchen vom Atom abwärts sicher sein kann, dass es nicht weiter gespalten wird.