Opferanwälte "enttäuscht" und "wütend" über NSU-Urteil

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"Das Urteil darf nicht das Ende der Aufklärung bedeuten", forderten die Anwälte. Am Mittwoch hatte ein deutsches Gericht Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt.

Nach dem Urteil im NSU-Prozess in München haben sich Opferanwälte "enttäuscht" und "wütend" über den Richterspruch gezeigt. Nicht nur hätten die angeklagten NSU-Helfer "deutlich niedrigere Strafen erhalten" als von der Bundesstaatsanwaltschaft gefordert, erklärten 22 Nebenklagevertreter am Donnerstag. Noch schlimmer sei aber, dass das Urteil ein "Schlussstrich" sein wolle.

"Das Gericht stellt den NSU als abgeschottetes Trio dar, das bereits vor dem Untertauchen seine Entscheidungen alleine traf", heißt es in der Erklärung der Rechtsanwälte. Damit würden die Ermittlungsbehörden davon freigesprochen, dass sie das NSU-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe nach deren Untertauchen hätten finden können und müssen. Der Verfassungsschutz und "die strukturell rassistischen Ermittlungen zu Lasten der Angehörigen der Opfer" würden gar nicht erwähnt.

"Das Urteil darf nicht das Ende der Aufklärung bedeuten", forderten die Anwälte. Auch die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) forderte weitere Aufklärung. "Die Ermittlungen müssen wegen des rechtsextremistischen Umfelds weitergehen", sagte die FDP-Politikerin der "Rheinischen Post" vom Donnerstag.

Das Oberlandesgericht München hatte Zschäpe am Mittwoch als Mittäterin an der Mordserie des rechtsextremen NSU zu lebenslanger Haft verurteilt und zudem die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Der Neonazi André E. wurde zu lediglich zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, der Haftbefehl gegen ihn wurde aufgehoben. Gegen den früheren NPD-Funktionär Wohlleben verhängte das Gericht wegen Beihilfe zum Mord eine Strafe von zehn Jahren. Er soll die für neun Morde benutzte Ceska-Pistole beschafft haben.

(APA/AFP)

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