Ein großer Tenor als Regisseur

Im roten Raum: Michael Schade postiert die Protagonisten geschickt.
Im roten Raum: Michael Schade postiert die Protagonisten geschickt.(c) Barbara Pallfy
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Nein, so machen's nicht alle: Michael Schade bewies mit „Così fan tutte“ – mit jungen Musikuni-Studenten – im Schlosstheater, dass er auch das Zeug zum Regisseur hat.

Wird Michael Schade seinen Aktivitäten als gefragter Sänger, als Förderer junger Sänger und als erfolgreicher Intendant der Internationalen Musiktage Melk noch eine weitere Facette hinzufügen? Die Begabung zum Regisseur hätte er jedenfalls, das bewies sein Debüt mit Studierenden der Wiener Musikuniversität mit Mozarts doch herausforderndem dramma giocoso „Così fan tutte“. Wobei er untertrieb, als er diese Produktion als halbszenisch ankündigte. Denn was er mit dieser Erarbeitung der „Schule der Liebenden“ – wie es im vollständigen Titel heißt – vorlegt, ist eine ausgewachsene Inszenierung, die sich auch in größeren Häusern gut machen würde.

Vielleicht wollte er mit „halbszenisch“ auf die eher sparsame Ausstattung dieser von der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst verdienstvoll verantworteten Aufführungsserie hinweisen. Aber braucht es tatsächlich mehr als sechs Sessel, einen Tisch, eine Bank, eine Leiter und zwei mit Blumen bestückte Säulen in einem rot ausgelegten, sich nach hinten verjüngenden Raum, um die Schauplätze dieser Oper deutlich zu machen? Gewiss nicht, wenn man darin die Protagonisten so zu postieren weiß, dass sich schon aus ihrer Gestik die Handlungsfäden erschließen.

Quicklebendige, eloquente Despina

Das gelingt Schade mit seiner bis ins Detail überlegten, nie aufgesetzt wirkenden, sondern stets natürlich über die Rampe kommenden Personenführung, aus der auch der Charakter der einzelnen Darsteller unmissverständlich erkennbar wird. Aber auch so manche zusätzliche Deutung. Etwa, dass Despina offensichtlich zarte Bande mit dem in dieser Szenerie weniger philosophisch als verschmitzt agierenden Don Alfonso verbinden. Ihre Darsteller – die quicklebendige, überaus wandlungsfähige, eloquent artikulierende zypriotische Koloratursopranistin Theodora Rafti und der mit souveräner Gelassenheit agierende serbische Bassist Stefan Hadžić, der in dieser Aufführungsserie auch einmal als Guglielmo angesetzt ist – dominierten bei der akklamierten Premiere die übrigen Darsteller.

Von den beiden, von Momoko Nakajima und Irene Weber verkörperten, sich in roten und blauen Gewändern präsentierenden Schwestern Fiordiligi und Dorabella, die sich die Wartezeit auf ihre untreuen Männer mit Nägelfeilen und dem Verzehren von Weintrauben verkürzen dürfen, hätte man sich eine nicht nur dynamisch differenziertere Gestaltung ihrer Rollen gewünscht. Mit eleganterer Phrasierung und weniger Lautstärke hätte der Ferrando von Johannes Bamberger (ab Herbst am Linzer Landestheater) mehr Eindruck hinterlassen. Kräftig ins Zeug legte sich auch Lukáš Bařáks schauspielerisch mehr überzeugender Guglielmo. Ob er auch die Akustik des intimen Schönbrunner Schlosstheaters falsch einschätzte?

Aber leicht machte es der Dirigent dieses Abends, der aus Bulgarien stammende, in Wien bei Karl Österreicher und Siena bei Franco Ferrara ausgebildete Vladimir Kiradjiev, seinen Sängern und Sängerinnen nicht. Er sorgte an der Spitze der tüchtigen Webern Kammerphilharmonie zumindest vor der Pause für Spannung, ging aber zu wenig auf die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Darsteller ein. Wäre es nicht besser gewesen, gleich die Premiere und nicht erst spätere Aufführungen einem jungen, stilistisch versierteren Dirigenten anzuvertrauen? Vielleicht hätte er den Auftritten der Wiener Chorschule der mdw mehr Interesse gewidmet. Hier hatte man sich mehr erwartet. Aber bei einem ersten Mal klappt selten alles. Wird es mit Schade eine Fortsetzung geben? Zu wünschen wäre es.

Weitere Aufführungen: 14. und 15. Juli.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2018)

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