Graubereich Mensalgüter

Österreichs katholische Kirche gilt weltweit betrachtet nicht als exzessiv rückständig. Nur in einem Punkt geriert sie sich vorkonziliar, bei den sagenumwobenen Mensalgütern.

Die Kirche möge ein Haus aus Glas sein. Dieser päpstliche Wunsch harrt seiner Einlösung. So viel zur Allmacht des Nachfolgers Petri in der katholischen Kirche. In diesem Fall reicht selbst das Postulat eines Heiligen nicht aus. Immerhin war es nicht Franziskus, sondern Vor-Vorgänger Joannes Paul II., von dem diese Worte überliefert sind.

Haus aus Glas? Transparenz ist bis heute nicht das Ding der Amtsträger. Das klingt jetzt verallgemeinernd. Es trifft aber zu. Schon die Wege der Personalauswahl bei der Rekrutierung der wichtigsten Mitarbeiter der Zentrale der Weltkirche sind intransparent und unprofessionell. In diesem Zusammenhang an ein exotisches Institut wie ein Hearing oder Assessment-Center zu denken, zeugt von Weltfremdheit. Weshalb eigentlich? Weil es die Kirche nicht nötig hat, Instrumente, die sich in der Wirtschaft bewährt haben und zu einer höheren Qualität von Entscheidungen führen, zu verwenden? Dort, wo die Methode des Hinter-verschlossenen-Türen-Entscheidens auf die Spitze getrieben wird, ist das Kirchenvolk unmittelbar betroffen: Die Entscheidung wird von oben herab getroffen. Befragungen über Kandidaten können vom Nuntius nach Belieben gestaltet werden. Die Entscheidung, wer weshalb für welche Diözese Bischof, welcher weshalb wohin strafversetzt oder befördert wird, ist Rom kein Wort der Begründung wert.

Eine ähnliche Schweigsamkeit befällt die katholische Kirche in Vermögensdingen. Da müht sich Papst Franziskus wenigstens, Ordnung in die Vatikanbank und die Finanzen des Kirchenstaates zu bekommen. Und die österreichischen Diözesen veröffentlichen seit ein paar Jahren die Budgets. Lob, Dank und Anerkennung dafür. Nur in einem Areal ist nicht einmal der Begriff Graubereich zutreffend: Bei der österreichischen (und mit Abstrichen deutschen) Spezialität der Mensalgüter. Über diese Teile des Kirchenvermögens (Immobilien, Betriebe, Jagden) hat der Bischof allein die Verfügbarkeit. Die eine Diözese ist mit derartigem „Privatvermögen“ des Bischofs besonders reich gesegnet (Gurk-Klagenfurt, nach den Bundesforsten zweitgrößter Waldbesitzer des Bundeslandes), andere wieder sind nur kärglich ausgestattet (St. Pölten). Bei Entscheidungen, was verkauft wird, und wie Einnahmen verwendet werden, ist der Bischof frei. Selbst Weihbischöfe oder Generalvikare prallen gegen Mauern des Schweigens. Nur ein vom Bischof bestellter Vermögensbeirat ist für „Aufsicht“ zuständig. Wenn, wie in Kärnten passiert, sogar diese Mini-Kompetenz gekappt wird, herrscht der Bischof wie ein barocker Kirchenfürst. Dass die Entscheidung dem Kirchenrecht widersprochen hat (!) und rückgängig gemacht wurde, ist beachtlich. Starke Argumente für die Existenzberechtigung dieser Mensalgüter sehen aber anders aus.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.07.2018)

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