Ex-Wache bin Ladens: Streit um Abschiebung

Abschiebeflug
AbschiebeflugAPA/dpa/Daniel Maurer
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Haben deutsche Behörden im Fall Sami A. Entscheidung des Gerichts missachtet?

Berlin. Freitagmorgen, 8.10 Uhr, im deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Ein Fax vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen geht ein. Der Inhalt: Am Abend zuvor wurde der Beschluss gefällt, im Fall von Sami A. ein Abschiebeverbot zu verhängen. Es bestehe die Gefahr, dass der Mann – ein mutmaßlicher Leibwächter des getöteten al-Qaida-Chefs Osama bin Laden – in seiner Heimat Tunesien gefoltert werde.

Doch als die Nachricht ankommt, sitzt Sami A. schon in einem Charterjet Richtung Enfidha. Beamte haben den Mann in der Nacht abgeholt, um ihn zu seinem Abschiebeflug nach Tunesien zu bringen. Um sieben Uhr früh hebt die Maschine ab – obwohl es rechtlich nie dazu hätte kommen dürfen.

War es ein Missverständnis? Schlechte Kommunikation, oder schlicht Absicht der Ausländerbehörden? Das Verwaltungsgericht hegt zumindest einen bösen Verdacht, den ein Sprecher so ausformuliert: „Der Rechtsstaat ist hier vorgeführt worden.“ Denn vor dem Beschluss habe das Flüchtlingsamt noch mitgeteilt, ein für Donnerstag geplanter Flug sei storniert worden. Dass für Freitag ein neuer Termin geplant war, erwähnte man nicht.

„Wir können froh sein“

1997 reiste Sami A. nach Deutschland ein, 2000 soll er eine paramilitärische Ausbildung in Afghanistan absolviert haben. Der Mann wurde als Gefährder eingestuft. Seit 2006 wird versucht, Sami A. abzuschieben – er ging gerichtlich dagegen vor. Zuletzt war es vor allem Innenminister Horst Seehofer, der immer wieder die Außerlandesbringung forderte. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident, Armin Laschet, sagte am Montag: „Im Ergebnis können wir froh sein, dass der Gefährder nicht mehr in Deutschland ist.“ Das Oberverwaltungsgericht prüft nun den Fall. (ib)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2018)

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