Neue Pläne fürs Schächten kamen von der SPÖ

Die Presse/Akós Burg
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Niederösterreichs Landesrat Maurice Androsch verschickte 2017 ein Schreiben mit neuen Richtlinien. Von Menschen, die Schächtungen durchführen wollten, wollte er einen Meldezettel mit Religionsbekenntnis.

Der niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) ließ Anfang der Woche einmal mehr mit einem "originellen" Vorschlag aufhorchen. Sein Begehr diesmal: Das Schächten von Tieren solle eingedämmt werden. "Wir prüfen, ob der Bedarf des Fleisches an den Wohnsitz gekoppelt werden kann", denn es sei "nicht einzusehen, warum Wiener nach Niederösterreich fahren und hier tausende Tiere schächten lassen", hieß es in einer Stellungnahme. Der Vorschlag sorgte in der jüdischen und muslimischen Community für einen Aufschrei - denn der religiöse Ritus gebietet das Ausbluten von Tieren.

Tatsächlich ist es aber nicht Waldhäusl, dem das nun erstmals in den Sinn kommt. Der ursprüngliche Vorschlag stammt noch von seinem Vorgänger Maurice Androsch (SPÖ), der in der vergangenen Legislaturperiode die Tierschutzagenden übrig hatte. Maurice Androsch ist mittlerweile als Abgeordneter in den Nationalrat gewechselt - und Tierschutzsprecher der SPÖ. Den Vorschlag zu den neuen Richtlinien zum Schächten verschickte er an seinem letzten Arbeitstag als Landesrat.

Informationsschreiben an die Bezirksbehörden

In einem der "Presse" vorliegenden Informationsschreiben von 20. September 2017 - es ging an alle Bezirkshauptmannschaften - äußerte Androsch das Anliegen, das Schächten einzudämmen. Grund dafür: unter anderem der Umstand, dass die Tiere vorher nicht betäubt werden - und dass die vor dem Schächten vorgenommene Fixierung Stress verursacht.

Darum sollte die Schlachtungsmethode auf ein Minimum reduziert, nur durch Fachleute vorgenommen werden und muss bewilligt werden. Das war auch vor dem 20. September 2017 so und galt bundesweit. Neu in Androschs Vorschlag war: ein Nachweis darüber, dass zwingende religiöse Ge- und Verbote zur Schächtung des Fleisches vorliegen würden. "Der Bewilligungswerber (Antragsteller) muss einer Religionsgemeinschaft (Strömung) angehören, für welche das Schächten als Teil der Religionsausübung anzusehen ist. (...)", hieß es.

Vorzulegen ist laut Androschs Ansinnen ein Mitgliederverzeichnis, eine Vorlage eines Meldezettels, auf dem das Religionsbekenntnis enthalten ist, oder diverse andere Dokumente, aus denen die Religionszugehörigkeit zweifelsfrei hervorgeht. Außerdem ist der Bedarf auf das notwendigste zu Beschränken - Waldhäusl spricht in seinem Vorschlag von persönlichem Bedarf. Also: In beiden Fällen richtet sich das Schreiben an die Schlachter. Wenn die aber den "konkreten persönlichen Bedarf" nachweisen müssen, ist es eben die Frage, wie sie das machen.

Der geplante Erlass ist bisher nicht in Kraft getreten. Seitens des Büros von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner heißt es, dass das auch "sicher nicht passieren wird".

Androsch: Registrierung bezog sich nur auf Schlachter

Androsch erklärte in einer Aussendung am Mittwoch, dass sein Schreiben "überhaupt nichts mit dem aktuellen Plan" Waldhäusls zu tun habe. Das Schreiben, das an die Veterinärabteilungen der Magistrate und die Bezirkshauptmannschaften ergangen sei, habe das Tierschutzgesetz erläutert - konkret Paragraf 32, in dem es um Schlachtung und religiöse Ausnahmen vom betäubungslosen Schlachten gehe. Die Registrierungspflicht habe sich rein auf Personen bezogen, die Schlachtungen durchführen.

"Meine Information an die Behörden legt ausschließlich die Regeln fest, welche Voraussetzungen Personen erfüllen müssen, die selbst Schlachtungen durchführen, und wie das Bewilligungsverfahren der zuständigen Behörde abläuft", sagte Androsch. So müssten diese Personen die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten haben, über ein Zertifikat einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft verfügen und nachweisen, dass zwingende religiöse Ge- und Verbote vorliegen. Sein Nachfolger Waldhäusl hingegen wolle "Listen von jenen Menschen anlegen, die geschächtetes Fleisch kaufen".

Kern will Waldhäusls Rücktritt

SPÖ-Chef Christian Kern forderte schon am Vormittag Waldhäusls Rücktritt: "Diese Registrierung erinnert an die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte", meinte er in einer Aussendung zu den Absichten des FPÖ-Landesrats.

"Viel schwerer" wiegt für Kern aber "das dröhnende Schweigen" von Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) "zu den permanenten Attacken der FPÖ gegen die Grundsäulen unserer Republik". Umso wichtiger sei es, "dass Opposition und Zivilgesellschaft laut ihre Stimme erheben und eben nicht schweigen, wenn die offene, liberale und demokratische Gesellschaft von Rechtspopulisten unter Sturmfeuer genommen wird".

Kerns Reaktion rief ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer auf den Plan. "Für die Politik von SPÖ-Landesräten ist immer noch Kern selbst verantwortlich", meinte er in einer Stellungnahme. Nehammer empfahl Kern, sich "lieber um seine eigene Partei" zu kümmern als "andere zu kritiseren".

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