Nach der Rüge für Harald Vilimsky fordert die FPÖ den Bundespräsidenten auf, zur „notwendigen Überparteilichkeit“ zurückzukehren. Auch in der ÖVP ist man irritiert.
Wien. Nach der Kritik von Bundespräsident Alexander Van der Bellen an FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wegen dessen Rücktrittsaufforderung an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schlägt die FPÖ zurück. Christian Hafenecker, zweiter Generalsekretär neben Vilimsky, warf Van der Bellen am Mittwoch Einseitigkeit vor und forderte ihn auf, zur Überparteilichkeit zurückzukehren.
So wie die Kritik Vilimskys an Juncker in einer Demokratie erlaubt sei, könne selbstverständlich auch der Bundespräsident seine Meinung kundtun, aber es dürfe nicht mit zweierlei Maß gemessen werden, so Hafenecker in einer Aussendung. Derart einseitig habe zuletzt Thomas Klestil das Bundespräsidentenamt wahrgenommen.
Dann listete Hafenecker einige Beispiele auf: „Wo war der Bundespräsident die letzten Wochen, als Gewerkschafter zum Sturz der Regierung aufgerufen haben? Als die SPÖ vom Ständestaat gesprochen hat? Die Regierung als Arbeiterverräter beschimpft wurde? Austrofaschismus von SPÖ-Chef Kern vorgeworfen wurde? Und wo blieb die Rüge des Bundespräsidenten, als Abgeordneten der Regierungsparteien von der Gewerkschaftsjugend Pflastersteine vor ihre privaten Türen gelegt wurden?“ Van der Bellen solle seine „grüne Sommerbrille“ wieder abnehmen und „zur notwendigen Ausgewogenheit“ zurückkehren.
Auch in der ÖVP war man über Van der Bellens Kritik alles andere als erfreut. Zumal sich der Bundespräsident nicht nur über Vilimskys „unflätige Art“ beschwert hatte, sondern auch über die Nichtreaktion aus dem Bundeskanzleramt: „Zu sagen, dazu nichts zu sagen, das empfinde ich als zu wenig“, meinte Van der Bellen in den „Vorarlberger Nachrichten“. Das Büro von Kanzler Sebastian Kurz gab allerdings auch am Mittwoch keine Stellungnahme dazu ab.
Dafür wies Jean-Claude Juncker den Vorwurf Vilimskys, er wäre beim Nato-Gipfel vergangene Woche betrunken gewesen, erneut zurück. Grund für sein Straucheln seien gesundheitliche Probleme gewesen, versicherte der EU-Kommissionspräsident. Demnach leidet Juncker seit Jahren an Rückenproblemen – beim Nato-Gipfel habe er außerdem einen akuten Ischiaskrampf gehabt. (red./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2018)