Neonazi-Affäre im ORF: Protest gegen Polizei

NeonaziAffaere Proteste gegen Polizei
NeonaziAffaere Proteste gegen Polizei(c) EPA (Matthias Hiekel/ Pool)
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Der ORF filmte angebliche Skinheads bei einer FPÖ-Wahlveranstaltung. Die Partei wirft dem Sender Manipulation vor. Die Polizei hat die ORF-Aufnahmen beschlagnahmt. Für Redakteure ein "Anschlag auf die Medienfreiheit".

Im Streit zwischen dem ORF und der FPÖ um Aufnahmen angeblicher Neonazis bei einer FP-Werbeveranstaltung hat sich nun auch der ORF-Redakteursrat eingeschalten. Die Freiheitlichen werfen dem "Am Schauplatz"-Reporter Eduard Moschitz vor, er habe Neonazis zur einer Kundgebung der Freiheitlichen gebracht und dort zur Wiederbetätigung animiert. Die herbeigerufene Polizei stellte daraufhin das Material sicher. Diese Beschlagnahmung sei ein "gravierender Anschlag auf das Redaktionsgeheimnis und damit die Medienfreiheit", so Redakteurssprecher Fritz Wendl.

Wendl zeigte sich besorgt und warnte vor Implikationen für die gesamte Medienbranche: "Macht das Beispiel Schule, braucht künftig jemand einen Journalisten nur - und noch so unbegründet - irgendeines angeblichen Vergehens beschuldigen und schon wird dessen Material bis hin zum Laptop, Diktiergerät, Notizbuch beschlagnahmt."

Kein Schutz durch Mediengesetz

Der rechtliche Hintergrund: Als Beschuldigter falle ein Journalist mittlerweile nicht mehr unter den Schutz des Mediengesetzes. In diesem ist geregelt, dass das Redaktionsgeheimnis vonseiten der Strafverfolger nicht umgangen werden darf, also Schriftstücke, Druckwerke oder Bild- und Tonträger nicht ohne weiteres beschlagnahmt werden können.

Aus Wendls Sicht braucht es mehr juristische Schutzmaßnahmen: Es sei "dringend nötig, der Methode, jemanden zum 'Beschuldigten' zu ernennen und damit gesetzliche Schutzbestimmungen zu umgehen, einen wirksamen Riegel vorzuschieben". Ansonsten könnten Journalisten ihrer Tätigkeit nur mehr nachkommen, wenn sie jederzeit die Telefonnummer ihres Anwalts bei sich hätten.

Wendl verwies dazu auf ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der entschieden habe, dass die Informationsfreiheit nicht eingeschränkt werden dürfe, auch wenn ein Journalist als "Beschuldigter" geführt werde. Dieses EMGR-Urteil betraf den Fall eines Stern-Journalisten, der über Unregelmäßigkeiten des EU-Betrugsbekämpfungsbüros (OLAF) berichtet hatte. OLAF hatte bei den belgischen Behörden die Durchführung einer Hausdurchsuchung samt der Beschlagnahme zahlreicher Arbeitsunterlagen erwirkt.

ORF stärkt Redakteur den Rücken

Im aktuellen Fall hatte der ORF nach Sichtung des Materials seinem Redakteur den Rücken gestärkt: Moschitz, der seit längerer Zeit eine Milieustudie zu rechtsradikalen Jugendlichen recherchiert und dabei die Protagonisten mit der Kamera begleitet, habe korrekt gehandelt, ergab eine ORF-interne Prüfung.
Außerdem legte das Unternehmen Einspruch gegen die Beschlagnahmung des Rohmaterials ein und hatte durchgesetzt, dass die Kassette versiegelt wurde.

(APA/Red.)

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