Einkommen: ÖGB peilt 1300 Euro Mindestlohn an

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Einkommen oeGB peilt 1300(c) Erwin Wodicka
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Die Regierung segnet die Mindestsicherung ab, nun erhöhen GPA und ÖGB-Frauen den Druck bei Gehältern. Wirtschaft und Experten warnen vor negativen Jobfolgen für Beschäftigte mit geringer Qualifikation.

Wien. Mit dem Näherrücken der Mindestsicherung werden in der Gewerkschaft die Stimmen nach einer Erhöhung des Mindestlohnes von 1000 auf 1300 Euro im Monat für Vollzeitjobs lauter. Ein Grund dafür ist, dass so der Abstand zur Mindestsicherung von 744 Euro netto im Monat zu Billiglohnbranchen vergrößert wird. Die Bundesregierung hat am Dienstag grünes Licht für die Mindestsicherung gegeben. Die bundesweite Einführung ab 1. September 2010 ist aber geplatzt. So peilt Oberösterreich nun als Termin erst Jänner 2011 an.

Kritiker beklagen, dass bei 744 Euro netto der Anreiz zur Jobannahme sinkt. Gegenüber der Wirtschaft erhöhen daher der Chef der SPÖ-Gewerkschafter (FSG), Wolfgang Katzian, und die ÖGB-Frauen ebenso wie die Grünen jetzt den Druck für eine Anhebung des Mindestlohns. Katzian, auch Chef der Privatangestellten und Drucker (GPA-DJP), deponiert im Gespräch mit der „Presse“ die Forderung nach 1300 Euro Mindestlohn auf kollektivvertraglicher Basis, nicht per Gesetz: „Die Schlussfolgerung kann nur lauten, dass die Mindestlöhne und Gehälter nicht hoch genug sind.“ Die GPA macht vor ihrem Bundesforum im heurigen Herbst den höheren Mindestlohn zu einem Schwerpunkt.

Die ÖGB-Frauen sehen 1300 Euro Mindestlohn als Möglichkeit, die Gehälter in Sparten, in denen viele Frauen tätig sind, etwa im Handel, anzuheben. Dort liegt der Bezug etwa für eine ungelernte Tätigkeit im ersten Dienstjahr bei 1186 Euro brutto. Eine Kampagne der ÖGB-Frauen (Motto: „Ich will's fair“) ist bereits im Laufen.
In der Wirtschaftskammer winkt man ab: „Wir werden sicher nicht in eine neue Mindestlohndiskussion einsteigen“, stellt Rolf Gleißner, Vizeleiter der Abteilung Sozialpolitik, klar. Dies wäre für den Erhalt von Arbeitsplätzen „kontraproduktiv“. Es sei aber „interessant“, dass jetzt die Gewerkschaft den Abstand zwischen Mindestsicherung und Löhnen als Thema „entdecke“.

Der Leitende ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz sieht mit den 1000 Euro Mindestlohn, der Verbesserungen von mehr als zehn Prozent gebracht  hat, eine nachhaltige Wirkung, weil dieser Betrag durch KV-Runden wieder erhöht wurde. Der ÖGB werde weiter versuchen, für die Branchen mit den niedrigsten Bezügen „außerordentliche Sprünge einzubauen“.

„Wäre ein ordentlicher Sprung“

Helmut Hofer, Arbeitsmarktexperte im IHS, warnt: „Zwischen 1000 und 1300 Euro ist schon ein ordentlicher Sprung.“ Das werde vor allem für Arbeitslose und Beschäftigte mit geringer Qualifikation zum Problem. Betriebe würden dann rationalisieren. Profitieren würden aber jene, die ihren Job behalten, räumt Hofer ein.

Es gibt nur mehr kleine Bereiche, in denen 1000 Euro Mindestlohn noch nicht umgesetzt sind – etwa für Kosmetikerinnen. Darüber wird verhandelt, die zuständige Teilgewerkschaft Vida fordert 1200 Euro. Zugleich heißt es, bei einer Drogeriekette werden Kosmetikerinnen nach dem Kollektivvertrag für Friseusen höher entlohnt. Für Angestellte von Rechtsanwälten gibt es in vier Ländern keinen KV-Vertrag. Die Rechtsanwaltskammer argumentiert, sie habe den Mindestlohn in ihren Statuten verankert, was aber der GPA zu wenig sicher ist.

("Die Presse" Printausgabe vom 17.03. 2010)

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