Vieles zu den Salzburger Festspielen, luxuriöse Debüts auf dem grünen Hügel, visionäres Theater auf der Seebühne und „Turandot“, einmal nur von Puccini.
Wie weit die „alten“ Medien reichen
Festspiele im ORF bzw. auf Fidelio
Fairerweise sollte an dieser Stelle angemerkt werden, dass Musikfreunde nicht nur via Streaming-Dienste Einblick in die reiche Festspielwelt dieses Sommers nehmen können. Manches gibt es auch klassisch via Fernsehapparat. ORF III bereitet zum Beispiel eine neue Staffel der altvertrauten „Salzburger Festspielgespräche“ mit Barbara Rett vor (ab 30. Juli wieder jeweils um 19.45 Uhr im Rahmen von „Kultur Heute“). „JedermannJedefrau – Das Salzburger Festspielmagazin“ startet bereits am 20. Juli und steht jeweils freitags ab 18.30 Uhr auf dem Programm von ORF 2. Mozarts „ Zauberflöte“, mit der der Premierenreigen heuer am 27. Juli anhebt, ist live in Ö1 zu hören und wird am 4. August, live-zeitversetzt um 20.15 Uhr auf ORF 2 auch zu sehen sein. Auf die Übertragung der Premiere von Romeo Castelluccis Neuinszenierung von Richard Strauss’ “Salome” am 28. Juli (ORF 2, zeitversetzt um 22.00 Uhr) müssen Neugierige aber nicht warten. „Fidelio“ ist schon um 20 Uhr dabei. Also doch ein Livestream...
Luxuriöse Debüts auf dem grünen Hügel
„Lohengrin“ unter Thielemann, zu sehen im Bayerischen Rundfunk.
In Bayreuth kommt es heuer zu denkwürdigen Debüts: Anja Harteros, eine der großen Diven unserer Zeit, singt erstmals auf dem grünen Hügel. Als Elsa liebt und leidet sie am Eröffnungsabend der Wagner-Festspiele an der Seite von Piotr Beczala, der die Partie des „Lohengrin“ kurzfristig übernommen hat. Tenorkollege Roberto Alagna sollte erstmals ins deutsche Heldenfach wechseln, hat sich aber ein wenig verschätzt, was den Zeitaufwand betrifft. Ein wenig länger als ein paar Wochen dauert es doch, um eine der wichtigsten Rollen dieses Genres einzustudieren – vor allem, wenn man noch nie eine größere Partie auf Deutsch gesungen hat. Alagna hat nun angeboten, das Debüt 2019 nachholen zu wollen. Beczala hat bereits vor zwei Jahren als Lohengrin debütiert – in der Dresdner Semperoper gelang ihm an der Seite von Anna Netrebko ein vielbeachteter Coup. Sein Bayreuther Einspringen erleichtert die Tatsache, dass erneut Christian Thielemann am Pult steht. Der Wagner-Spezialist wird am 25. Juli als erster und einziger Dirigent der Nachkriegs-Festspielgeschichte sämtliche vom Komponisten für die Festspiele kanonisierten Werke in Bayreuth dirigiert haben! Der Bayerische Rundfunk bietet einen Livestream der Premiere am 25. Juli ab 16 Uhr. Diverse Kinos zeigen die Aufzeichnung zeitversetzt in HD-Qualität.
Visionäres Theater auf der Seebühne
Herheims Bregenzer „Hoffmann“ auf Fidelio
In den Online-Archiven finden sich auch Mitschnitte früherer spektakulärer Poduktionen der Bregenzer Festspiele. Auf der Seebühne hat Stefan Herheim 2015 Jacques Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ herausgebracht, eine vieldiskutierte Inszenierung mit Daniel Johansson als Hoffmann, dirigiert von Johannes Debus, der heuer auch die Rarität „Beatrice Cenci“ von Berthold Goldschmidt betreut hat, die vergangenen Mittwoch Premiere hatte.
Das andere Bayreuth
Das markgräfliche Opernhaus, zu sehen in der Digital Concert Hall
Am 25. Juli heben auf dem grünen Hügel die Richard-Wagner-Festspiele an. Die wenigsten Besucher denken daran, dass in der fränkischen Stadt nicht nur das Festspielhaus steht, sondern eines der wenigen erhaltenen echten Barock-Theater Deutschlands. Dort hat Meister Wagner einst selbst das festliche Konzert zur Grundsteinlegung seines Musiktheater-Tempels dirigiert. Dort fand am 1. Mai dieses Jahres auch ein Europakonzert der Berliner Philharmoniker statt. Die Aufzeichnung steht nun im Archiv des Orchesters online. Wer also Lust hat, dem “anderen Bayreuth” einen Besuch abzustatten: Nebst Beethovens Vierter und der Leonoren-Ouvertüre hat Paavo Järvi übrigens auch Wagner dirigiert: Eva Maria Wetborek sang die “Wesendonck-Lieder”.
Verführung in London vor dem Brexit
Marc Minkowski auf Operavision
Opernfreunde können online auch die Theatersaison verlängern. Seit kurzem steht auf „operavision“ Kasper Holtens Inszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ mit Mariusz Kwiecien aus dem Royal Opera House Covent Garden online. Chen Reiss sang mit dem Verführer das „La ci darem la mano“, Pavol Breslik war der Don Ottavio. Am Pult des Londoner Orchesters stand Marc Minkowski (kostenlos abzurufen bis 11. August)
„Turandot“, einmal nur von Puccini
Turin spielte das Opern-Fragment, auf OperaVision
Nur noch wenige Tage abrufbar ist die Aufzeichnung eines historisch korrekten Versuchs, Puccinis „Turandot“ auf jene Musik zu beschränken, die der Komponist selbst noch vollenden konnte. Wie anlässlich der Uraufführung, als Dirigent Arturo Toscanini beim Tod der Sklavin Liu im Dritten Akt den Taktstock mit den Worten „Hier endet das Werk des Meisters“ niederlegte, schloss auch die jüngste Neuinszenierung der Oper im Tetrao Regio von Turin durch Stefano Poda mit diesem bewegenden Moment. Man verzichtete darauf, die Aufführung mit einem der Rekonstruktionsversuche von Franc Alfano oder Luciano Berio ausklingen zu lassen. Jorge de Leon gab den „unbekannten Prinzen“ an der Seite von Turandot Rebeka Lokar (noch bis 24. Juli abrufbar).