Kommission mahnt zu "Notfallplänen für schlimmstmögliches Ergebnis".
Brüssel. Das erste Treffen des neuen britischen Brexit-Chefverhandlers Dominic Raab mit seinem EU-Widerpart Michel Barnier am Donnerstag fand unter äußerst angespannten Bedingungen statt. Nur wenige Stunden vor Raabs Ankunft in Brüssel veröffentlichte die Kommission, in deren Namen Barnier mit den Briten über ihren Austritt aus der Union verhandelt, ein 17-seitiges Papier, in dem sie die Mitgliedstaaten und vor allem die europäischen Unternehmen dazu auffordert, sich für ein Scheitern dieser Verhandlungen zu rüsten.
„Notfallpläne für das schlimmstmögliche Ergebnis sind kein Zeichen für Misstrauen gegenüber den Verhandlungen“, heißt es in diesem Papier. „Die Kommission setzt signifikante Ressourcen ein und betreibt einen großen Aufwand, um ein Abkommen zu erzielen. Das bleibt unser Ziel. Allerdings kann das Ergebnis von Verhandlungen nicht vorhergesagt werden.“ Das Bewusstsein dafür, dass es kein rechtzeitiges Abkommen über den geregelten Austritt der Briten aus der EU geben könnte und somit am 30. März 2019 ein „Hard Brexit“ droht, sei zu gering: „Die Vorbereitungen müssen sofort auf allen Ebenen intensiviert und alle möglichen Ergebnisse in Betracht gezogen werden.“
Am Freitag wird Barnier den Mitgliedstaaten bei einem Ratstreffen in Brüssel (Vorsitz führt Europaminister Gernot Blümel) die seiner Ansicht nach realistischen Varianten für den Ausgang der Verhandlungen vorstellen. Gut sieht es jedenfalls nicht aus. „Ich müsste in den Eingeweiden von Tieren wühlen, um die Antwort darauf zu finden“, sagte ein mit den Verhandlungen befasster EU-Diplomat am Donnerstag zur Frage, ob es rechtzeitig bis Oktober ein Austrittsabkommen und eine politische Einigung über die künftige Beziehung zwischen EU und Großbritannien geben werde. (GO)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2018)