Libyen: "Keine Migranten bei uns unterbringen, die EU nicht haben will"

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Libyen spricht sich gegen Aufnahmezentren der EU im eigenen Land aus. Italiens Außenminister will geretteten Migranten an Bord von Schiffen der EU-Marinemission Sophia künftig die Aufnahme verweigern.

Der libysche Regierungschef Fayez al-Sarraj hat sich entschieden gegen Aufnahmezentren der EU für Flüchtlinge in seinem Land ausgesprochen. "Nein, das wird es bei uns nicht geben", sagte Sarraj der deutschen "Bild"-Zeitung vom Freitag. "Wir sind absolut dagegen, dass Europa ganz offiziell bei uns illegale Migranten unterbringen will, die man in der EU nicht haben möchte", fügte er hinzu.

Libyen lehne auch Geldzahlungen für ein solches Vorgehen ab. "Wir werden auch keine Deals mit Geld mit der EU machen, um illegale Migranten aufzunehmen", sagte der Chef der international unterstützten Regierung der nationalen Einheit in Libyen weiter. Die EU solle vielmehr "mit den Ländern reden, aus denen die Menschen kommen und dort auch Druck ausüben".

Sarraj sagte, er wundere sich "schon sehr darüber, dass in Europa mittlerweile niemand mehr Migranten aufnehmen will, aber uns bittet, hier weitere hunderttausende aufzunehmen". Die EU hatte sich bei ihrem Gipfel Ende Juni auf eine Verschärfung ihrer Einwanderungspolitik verständigt. Sie will unter anderem Migranten in Aufnahmezentren außerhalb der EU unterbringen.

Libyen verteidigt Küstenwache gegen Kritik

Sarraj verteidigte zudem die Küstenwache seines Landes gegen Kritik. Zu Vorwürfen, die Küstenwache habe Menschen zurückgelassen, sagte er: "Das sind ungeheure Vorwürfe, die nicht stimmen und von unserer Küstenwache bereits klargestellt wurden. Wir retten jeden Tag hunderte Menschen vor der Küste Libyens." Das Land brauche aber mehr technische und finanzielle Unterstützung, sagte der Premier. Eine spanische Organisation hatte der libyschen Küstenwache vorgeworfen, bei einem Einsatz zwei Frauen und ein Kind auf hoher See zurückgelassen zu haben.

Auf der anderen Seite des Mittelmeers will die italienische Regierung auch geretteten Migranten an Bord von Schiffen der EU-Marinemission Sophia künftig die Aufnahme verweigern. Das habe der italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini vor drei Tagen mitgeteilt, berichtete die "Welt" (Freitag-Ausgabe) unter Berufung auf ein Schreiben, das der Zeitung vorliege.

Zuletzt waren vor allem die Flüchtlingsrettungsschiffe von Nichtregierungsorganisationen abgewiesen worden. Wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit hätten die zuständigen Botschafter im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK) bereits am Mittwoch über alternative Lösungen zur Verteilung der geretteten Migranten beraten. Ein Konsens sei dabei nicht gefunden worden. Die Beratungen sollen an diesem Freitag fortgesetzt werden, wie es heißt.

Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte hatte bereits am Samstag in einem Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk eine Revision der Mission Sophia gefordert, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Auch Innenminister Matteo Salvini, der Chef der rechten Lega, fordert, dass nicht mehr alle Schiffe von EU-Missionen wie Themis oder Eunavfor Med Sophia automatisch in Italien einlaufen.

(APA/dpa)

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