Nach der Europawahl könnten die Rechtsnationalen zu den stärksten Fraktionen im EU-Parlament aufschließen. Italiens Lega-Chef Salvini plant bereits einen neuen Zusammenschluss samt FPÖ - mit einer Wirtschaftspolitik à la Trump.
Italiens Innenminister und Chef der rechten Lega, Matteo Salvini, plant eine neue Allianz rechtsnationaler Parteien in Europa. In ihr soll laut Salvini auch die FPÖ vertreten sein. Die Möglichkeit besteht, dass eine solche Gruppe künftig mit mehr als 100 Sitzen eine ähnliche Stärke erlangt wie Sozialdemokraten oder Liberale.
„Die nächsten Europawahlen werden von wesentlicher Bedeutung sein. Europa wurde bisher stets aufgrund eines Abkommens von Sozialisten und EVP (Europäischer Volkspartei, Anm.) regiert. Ich will die Parteien vereinen, die die neue Mehrheit im EU-Parlament bilden werden, die Parteien in Österreich, den Niederlanden, in Schweden, Frankreich und Deutschland“, sagte Salvini in einem Interview mit der US-Tageszeitung „Washington Post“. Und Salvini legt sich auch bereits auf einen protektionistischen Wirtschaftskurs à la Trump fest: „Wir heben die Vision eines anderen Europa, in dem jedes EU-Mitglied die Freiheit haben soll, die eigene Wirtschaftspolitik zu entscheiden.“
Nach der nächsten Europawahl dürfte es wegen des Ausscheidens britischer Parteien sowieso zu einer Neuformation der Fraktionen kommen. In der Fraktion mit den Tories sind derzeit die polnische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die Schweden Demokraten (SD) sowie die Alternative für Deutschland (AfD) vereint. All diese Gruppen, die künftig eine neue politische Heimat suchen werden, vertreten ähnliche Linien wie FPÖ und Lega. Das Ausscheiden der UK Independence Party (UKIP) wird eine weitere EU-skeptische Fraktion, nämlich Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD), in Existenznöte bringen. Gelingt es Salvini, einen Großteil all dieser nationalen Parteien in einer Fraktion zu vereinen, wäre diese eine der größten Gruppen im neuen EU-Parlament. Analysten in Brüssel gehen davon aus, dass die Rechten bei der Europawahl im kommenden Mai 100 Sitze oder mehr erreichen können. Stärkste Kraft werde aber die Europäische Volkspartei bleiben, die aktuell über 219 Sitze verfügt.
Das Gewicht der Rechtsnationalen würde sich noch erhöhen, wenn die ungarische Fidesz aus der EVP austritt. Sie bringt derzeit elf Mandatare ein. Parteichef Viktor Orbán, der von einigen EVP-Kollegen immer schärfer kritisiert wird, hat zuletzt seine Kontakte zu rechten Parteien wie der FPÖ oder der Partei für Freiheit (PVV) in den Niederlanden verstärkt. Bisher stärkste Kraft in der gemeinsamen Fraktion von FPÖ und Lega ist die Le-Pen-Partei Rassemblement National (RN) - ehemals Front National - mit 16 Abgeordneten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2018)