"Außergewöhnliche humanitäre Geste": Israel rettet syrische Weißhelme

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Hunderte Mitglieder der syrischen Zivilschutzorganisation mussten in Sicherheit gebracht werden. Ein Teil von ihnen soll in Deutschland Zuflucht finden.

Israel hat bei der Rettung von 800 Mitgliedern einer syrischen Zivilorganisation und deren Familien aus einem Kampfgebiet im Süden Syriens geholfen. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums teilte am Sonntag über Twitter mit, es handle sich um Mitarbeiter der syrischen Hilfsorganisation Weißhelme.

Die jordanische Nachrichtenagentur "Petra" berichtete, es seien 800 syrische Zivilisten gerettet worden. Jordanien habe ihre Durchreise genehmigt. Sie sollten nach vorübergehendem Aufenthalt binnen drei Monaten von Deutschland, Großbritannien und Kanada aufgenommen werden. Die Betroffenen hätten in der syrischen Zivilverteidigung gearbeitet und seien aus Gebieten geflohen, die syrische Regierungstruppen erobert hätten.

Die israelische Armee teilte am Sonntag mit, die Menschen seien in unmittelbarer Lebensgefahr gewesen. Ihre Rettung in der Nacht zum Sonntag sei auf Anweisung der israelischen Regierung und auf Bitten der USA und mehrerer europäischer Länder erfolgt. "Der Transfer der syrischen Flüchtlinge durch Israel ist eine außergewöhnliche humanitäre Geste", hieß es in der Mitteilung der Armee. "Die Zivilisten sind in ein Nachbarland (Israels) gebracht worden."

Regierungstruppen hatten im Juni im Süden Syriens eine Offensive begonnen und in den vergangenen Wochen bereits zahlreiche Orte übernommen. Viele Menschen flohen in das Gebiet nahe der israelischen Grenzlinie auf den besetzten Golanhöhen. Israel hat in den vergangenen Jahren Tausende verletzter Syrer ärztlich behandelt, ist aber nicht bereit zur Aufnahme von Flüchtlingen.

Maas: "Mehr als 100.000 Menschen gerettet"

Der deutsche Außenminister Heiko Maas bestätigte die geplante Aufnahme von Mitgliedern der syrischen Hilfsorganisation in Deutschland. "Die Weißhelme haben seit Beginn des Syrien-Konflikts mehr als 100.000 Menschen gerettet", sagte der SPD-Politiker am Sonntag zu "Bild". Ihr Einsatz verdiene Bewunderung und jeden Respekt, "und wir haben ihn aus Überzeugung unterstützt". Mit dem Vormarsch des Regimes drohe vielen Weißhelmen nun Gefahr für Leib und Leben. "Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, dass viele dieser mutigen Ersthelfer nun Schutz und Zuflucht finden, einige davon auch in Deutschland."

Israel und Syrien sind verfeindete Länder. Während des Sechstagekriegs 1967 hatte Israel die syrischen Golanhöhen erobert und später annektiert. Im Syrien-Krieg verfolgt Israel eine Politik der Nichteinmischung. Israels Luftwaffe hat jedoch immer wieder Ziele in Syrien angegriffen. Die Bombardierungen richten sich Beobachtern zufolge gegen iranische Truppen und andere Kräfte, die wie die schiitische Hisbollah von Teheran unterstützt werden.

Gefeierte syrische Ersthelfer in Not

Im Westen werden die Weißhelme als Helden gefeiert, der syrischen Regierung jedoch sind sie verhasst: Seit 2013 retten die Ersthelfer in den syrischen Rebellengebieten nach Luftangriffen Menschen aus den Trümmern zerstörter Häuser und leisten erste Hilfe. Obwohl sie ihre Neutralität betonen, sehen die syrische Regierung und Russland sie als Unterstützer der Rebellen im ausländischen Sold.

Nun hat Israel hunderte Ersthelfer und ihre Angehörigen aus den umkämpften südlichen Provinzen Daraa und Kuneitra geholt. Nach Angaben des Chefs der Weißhelme, Raed Saleh, sind mehr als 3700 Weißhelme in Syrien im Einsatz. Die Freiwilligen zahlen oft einen hohen Preis - schon mehr als 250 verloren in dem Konflikt ihr Leben.

Weltweit berühmt wurde die Organisation durch ihre Videos, auf denen zu sehen ist, wie die Helfer Kinder und andere Opfer aus den Trümmern ziehen. Wegen ihrer Arbeit wurden sie 2016 für den Friedensnobelpreis nominiert. Finanziert wird die Organisation von Deutschland und anderen westlichen Staaten, die für einige Weißhelme auch eine Ausbildung im Ausland organisiert haben.

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