Die EU prüft vor dem Treffen ihrer Vertreter mit US-Präsident Trump mögliche Vergeltungen für neue US-Autozölle. Die G20-Länder warnen vor den Risiken eines Handelskriegs - zwar ohne die USA namentlich zu erwähnen. Doch der Ton wird rauer.
Inmitten des globalen Zollstreits haben die Finanzminister der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in Buenos Aires über die Zukunft des Welthandels beraten. US-Finanzminister Steve Mnuchin schlug dort erneut vor, die Handelsbarrieren innerhalb der Gruppe der sieben traditionellen Industriestaaten (G7) fallen zu lassen. „Wenn Europa an den Freihandel glaubt, sind wir bereit, ein Freihandelsabkommen zu unterzeichnen.“ Es gebe aber drei Bedingungen, so der US-Politiker: die Abschaffung von Zöllen, Handelsbarrieren und Beihilfen.
„Verhandeln nicht mit Pistole auf Brust“
Frankreich hielt dagegen. Bevor sich die EU zu Gesprächen bereit erkläre, müsste US-Präsident Donald Trump Zölle auf Stahl und Aluminium und die Drohung mit Zöllen auf Autos zurückziehen. „Wir weigern uns, mit einer Pistole auf der Brust zu verhandeln“, sagte Finanzminister Bruno Le Maire. Österreichs Finanzstaatssekretär und EU-Ratsvertreter beim G20-Gipfel, Hubert Fuchs, widersprach Le Maire am Sonntag: Der Verzicht der USA auf Stahl- und Aluminiumzölle sei keine Voraussetzung für Handelsgespräche. Er wäre aber „ein großer Wunsch“.
Die angedrohten Autozölle könnten die deutsche Kfz-Industrie und damit die österreichischen Zulieferer treffen. Die EU prüft laut der „Bild am Sonntag“ selbst weitere Vergeltungsmaßnahmen. Sie könne mit zusätzlichen Zöllen – etwa auf Soja, Mandeln, Erdnüsse, Wein, Parfüm, Holzpellets und Telefone – antworten, die Liste möglicher Produkte sei 50 Seiten lang. Insgesamt gehe es um Importe im Wert von 257 Mrd. Euro.
Davor versucht man es auf dem diplomatischen Weg. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström reisen am Mittwoch zu Gesprächen nach Washington. „Wir freuen uns auf ein Angebot“, richtete Mnuchin im Vorfeld aus.
G20 warnen vor Risiko für Weltwirtschaft
Zum Abschluss des G20-Gipfels am Sonntagabend haben die Finanzminister der 20 großen Industrie- und Schwellenländer abermals vor den Risiken gewarnt, die ein Handelskrieg für die Weltwirtschaft bedeutet. Das globale Wirtschaftswachstum sei zwar "robust", kurz- und mittelfristige Risiken hätten aber zugenommen.
Dazu zählten "erhöhte Handels- und geopolitische Spannungen" sowie "globale Ungleichgewichte", hieß es in einer gemeinsamen Abschlusserklärung. Die USA wurden in der Erklärung nicht erwähnt, obwohl sie im Zentrum vieler gegenwärtiger Handelsstreitigkeiten stehen. Die Warnungen in Buenos Aires waren aber deutlicher als noch in der Abschlusserklärung des G-20-Treffens im März.
Deutschlands Finanzminister Olaf Scholz (SPD) schrieb im Kurzmitteilungsdienst Twitter, es gebe "keine Alternative zu einer engen, multilateralen Zusammenarbeit". Dies sei bei dem G20-Treffen in Buenos Aires "wieder sehr deutlich" geworden. "Ich hoffe, alle beherzigen diese Erkenntnis in den nächsten Tagen und Wochen", appellierte der Minister.
Die Konflikte im internationalen Handel waren das Hauptthema des zweitägigen Treffens der G-20-Finanzminister und Notenbankgouverneure in der argentinischen Hauptstadt. US-Präsident Donald Trump hatte die EU und China jüngst als "Gegner" in der Handelspolitik bezeichnet. Er belegte sowohl die Volksrepublik als auch die EU-Länder mit Strafzöllen.
Eine Rechnung über 368 Milliarden Euro
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hatte am Samstag angesichts der Handelskonflikte mit den USA vor gravierenden Folgen für die Weltwirtschaft gewarnt. Das weltweite Wirtschaftswachstum könnte dadurch einen halben Prozentpunkt geringer ausfallen - ein Minus von 368 Milliarden Euro, sagte sie vor den G20-Vertretern.
(ag./red.)