Harley Davidson ist US-Kult. Das ist gut – außer der eigene Präsident zettelt einen Streit an, der überlebenswichtige Kunden verlässlich vergrault.
Cowboystiefel aus Texas, Snowboards aus Colorado, Waffenschränke aus Utah? Alles einfach amazing, befand US-Präsident Trump, als er die Handwerkskunst begutachtete, die da am Montag im Weißen Haus vor ihm lag. Den Kampfjet von Lockheed Martin draußen am Rasen nicht zu vergessen.
Harley sahen die Besucher der amerikanischen Leistungsschau keine. Den Inbegriff von Made in America, als den Trump die Motorradfirma aus Wisconsin vor nicht langer Zeit lobte, hatte keiner eingeladen.
Ihr Kultstatus kam ihr nicht zugute, das ist bekannt. Als ihr Mentor Trump die Europäer mit Stahl- und Aluminiumzöllen belegte, bekamen US-Ikonen wie Harley, Levi's Jeans und Whiskey die Retoure zu spüren. Leider beging der Motorradbauer daraufhin den Fehler, laut zu überlegen, seine Produktionskapazitäten aus den USA wegzuverlagern. Was Trump in seinem Lieblingsmedium Twitter zur Drohung trieb, er würde jetzt die ausländische Konkurrenz ins Land holen.
Harley Davidson steht zwischen den Fronten. Es war wohl nie ungünstiger, US-Kultmarke zu sein, als unter einem US-Präsidenten Donald Trump. Da spielt es fast keine Rolle mehr, ob er einem freundlich oder feindlich gesinnt ist.
Ungefähr dort, wo am Montag der Kampfjet stand, werden EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Donald Trump heute für die Fotografen posieren. Inmitten des Handelsstreits soll etwas Diplomatie zwischen den USA und der EU helfen.
Was passiert, wenn die Zollschranken hochgefahren werden, kann man in der jüngsten Bilanz von Harley nachlesen. Das Unternehmen veröffentlichte just am Tag vor dem Treffen seine Quartalszahlen. Umsatz und Gewinn brachen erneut leicht ein, Analysten hatten nichts anderes erwartet. Schließlich wird die Harley-fahrende Stammklientel – oft weiße, republikanische Männer mit einem Faible für Trump – älter. Neue Kunden müssen her. Harley will bis 2027 50 Prozent seiner Bikes ins Ausland verkaufen. Zurzeit sind es 43 Prozent.
Da hilft es gerade jetzt wenig, dass jedes Motorrad auf dem zweitwichtigsten Absatzmarkt, Europa, durch die neuen Zölle 2200 Euro teurer wird. Zumindest bis Harley seine Produktion international neu aufstellt – was nochmals neun bis 18 verlustreiche Monate dauern dürfte, schätzen die Analysten.
Ein Harley-Fahrer gibt mit 20.000 Euro so viel für Motorrad samt Lebensgefühl aus wie andere für Kleinwagen. Da ist die Frage zulässig: Tun zehn Prozent Aufschlag weh? Antwort: Vielleicht nicht. Aber hilfreich ist das nicht, möchte Harley weltweit jüngere Fahrer ansprechen. In diesem Halbjahr stieg die Zahl der international verkauften Motorräder um 0,5 Prozent – in den USA fiel sie gleichzeitig um fast neun Prozent. Damit gewinnt man keinen Krieg.
15 bis 20 Mio. Dollar sollte die Firma in den mageren Zeiten jedenfalls beiseitelegen: Das ist der Aufschlag, den Trumps Stahlzölle sie kosten.
Diese Zölle sind eben Teil des Plans, will man Amerika wieder groß machen, sagt Trump. Und das wolle er, betonte er am Montag erneut. Das unterscheide ihn von Vorgängern, die die US-Firmen ziehen ließen und den Einheimischen die Jobs nahmen. Wer das zulasse, betreibe nicht freien Handel, sondern Narrenhandel.
Die Ironie dürfte ihm nicht aufgefallen sein.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2018)