Entschärfter Handelsstreit: Auto-Aktien ziehen Börsen nach oben

Archivbild: Neuwagen bei Volkswagen in Wolfsburg
Archivbild: Neuwagen bei Volkswagen in WolfsburgREUTERS
  • Drucken

Die Entspannung im Handelsstreit lockt Anleger in den Aktienmarkt zurück. Angeführt von den Fahrzeug-Herstellern legte der Dax am Donnerstag deutlich zu.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump hatten sich bei ihrem Treffen überraschend darauf geeinigt, Verhandlungen zum Abbau von Handelshemmnissen aufzunehmen. "Neue Zölle, insbesondere auf Autos, und ein damit einhergehender ausgewachsener Handelskrieg zwischen Amerika und der EU scheinen zwar zunächst einmal vom Tisch zu sein", sagte Thomas Metzger, Chef der Vermögensverwaltung beim Bankhaus Bauer. "Donald Trump hat aber in der Vergangenheit oft bewiesen, wie schnell sich seine Meinung ändern kann."

Die Papiere von Autobauern schnellten in Frankfurt nach oben. Die Aktien von BMW, Volkswagen und Daimler gewannen dank der Entspannungssignale bis zu 5,2 Prozent. Bei Letzteren überstrahlte die Einigung sogar den Gewinneinbruch. Ebenso gewinnt die Peugeot-Aktie in Paris am Vormittag um über zwei Prozent. Auch Zulieferer wie Continental oder Hella waren gefragt und legten bis zu 2,6 Prozent zu.

Insgesamt notierte der deutsche Leitindex DAX um 10 Uhr mit 1,4 Prozent im Plus. Der Euro Stoxx legte um 0,68 Prozent zu, die Börse in Paris wies ein Plus von 0,65 Prozent aus.

Dax legt nach Gesprächen USA/EU deutlich zu
Dax legt nach Gesprächen USA/EU deutlich zubloomberg

Bei dem Treffen verständigten sich die beiden Seiten überraschend auch auf Gespräche über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter. Vor diesem Hintergrund zeigten sich Industriewerte an der Wiener Börse gesucht. An die Spitze des ATX setzte sich voestalpine mit plus 3,41 Prozent. Dahinter rangierten AT&S und FACC an den vordersten Plätzen.

"Von Augenhöhe noch weit entfernt"

In ersten Reaktionen zeigten sich Ökonomen vorsichtig optimistisch. Der Ausgang des Gipfels wecke Hoffnungen, dass die beiden größten Volkswirtschaften der Welt in konstruktive Verhandlungen zum Abbau von Handelsbarrieren einsteigen, anstatt sich gegenseitig mit Zöllen und Gegenzöllen zu bedrohen, verlautete Gabriel Felbermayr vom ifo-Institut. Da die bedrohlichen Autozölle zunächst abgewendet scheinen, schwächen sich die Konjunktursorgen etwas ab. "Wenn man den politischen Willen hat, kann man in einem halben Jahr mit einem Text kommen", sagte er am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Unterschriftsreif könnte ein Text dann unter "sehr, sehr optimistischen" Annahmen in einem Jahr sein.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger beurteilt das Ergebnis als sehr erfreulich. Es gehe genau in die Richtung, die wir uns ja auch vorgestellt haben, sagte Bofinger. Das man jetzt nicht gegenseitig mit Zöllen versuche, sich das Leben schwer zu machen, sondern dass man den Ochsen an den Hörnern packe und sage: "Okay Trump, wenn Du ein Problem mit Zöllen hast, dann schaffen wir die halt wechselseitig ab."

Über die Gründe, warum sich Donald Trump relativ sanftmütig gegenüber der EU zeigte, könne nur spekuliert werden, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Liechtenstein. Zeigen etwa die europäischen Strafzölle gegenüber einer Reihe von US-amerikanischen Waren schon Wirkung?, fragt sich Gitzel. Man wisse es nicht. Vielleicht seies ja aber auch so, dass die Transatlantiker nicht vollständig ihren Einfluss verloren haben. Fakt sei, dass gestern eine Tür aufgegangen sei. Die Europäer haben mehr Zölle und höhere Zollsätze in der Vergangenheit installiert als die USA. Die Vorwürfe Donald Trumps seien jedenfalls nicht völlig unberechtigt. Es liege nun deshalb auch an der EU, die Chance zu ergreifen und Handelshemmnisse abzubauen.

Deutsche Autobauer erfreut

Die deutsche Wirtschaft, die die Pläne zur Beilegung des Handelskonflikts  begrüßt hat, sieht aber noch viele offene Fragen. "Die in Aussicht gestellten Lösungen gehen in die richtige Richtung, aber eine gehörige Portion Skepsis bleibt", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. "Von Verhandlungen auf Augenhöhe sind wir noch entfernt."

Für die deutschen Auto-Hersteller sei dieses Signal der Deeskalation wichtig und nach den Entwicklungen der vergangenen Wochen ein großer Schritt nach vorn, teilte der Branchenverband VDA am Donnerstag mit. "Damit besteht nun eine reale Chance, zusätzliche Zölle oder gar einen Handelskrieg zwischen den USA und der EU zu verhindern. Das ist eine gute Nachricht für Wirtschaft und Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks." Nun gelte es, die Verständigung mit Leben zu füllen und rasch Verhandlungen aufzunehmen.

(APA/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Macron wischt Trump eine Schuppe vom Anzug
Österreich

Drei Gründe, warum Macron so scharf gegen Trump wettert

Warum fällt Emmanuel Macron dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker derart in den Rücken? Einen Tag nach Junckers erfolgreichen Gespräch mit US-Präsident Donald Trump attackiert der französische Präsident die USA.
Österreich

EU: Agrarprodukte nicht Teil der Handelsgespräche mit USA

Die EU-Kommissionen hat klargestellt, dass Agrarprodukte nicht Teil der anstehenden Verhandlungen zwischen EU und Washington sein werden.
Emmanuel Macron und Donald Trump
Österreich

Frankreich lehnt umfassendes Handelsabkommen mit USA ab

Der Handelsstreit zwischen der EU und den USA schien beigelegt - dank Kommissionschef Juncker. All zu harmonisch ist die Lage aber doch nicht: Emmanuel Macron erwartet "klare Gesten" zu Zöllen auf Stahl - und keine Drohungen.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump
Österreich

Junckers Washingtoner Coup

Mit geschickter Diplomatie brachte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker US-Präsident Donald Trump dazu, seinen Angriff auf Europas Exportindustrie fürs Erste abzublasen.
Exportautos der Marke Volkswagen, aufgenommen in Emden
Österreich

US-Finanzminister: Vorerst 120 Tage keine Strafzölle auf EU-Autos

Zudem könnten die Strafzölle auf Stahl und Aluminium zurückgenommen werden, bestätigt Finanzminister Mnuchin. Für Produkte wie Sojabohnen und Flüssiggas müssen die USA selbst Abnehmer am Markt finden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.