Eine Serie von Artikeln über Flüchtlinge in Schweden verstieß gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse, heißt es vom Presserat. Der "Wochenblick" kam zuletzt wegen Innenministeriums-Inseraten in die Schlagzeilen.
Der Presserat übt in einer aktuellen Entscheidung massive Kritik an der Seite "Wochenblick.at". In einer Artikelserie über Flüchtlinge und Migration in Schweden seien die Leser "auf geradezu systematische Art und Weise getäuscht" worden. Die Autorin setze auf "Alarmismus und Angstmache", die Artikel hätten "mit professionellem und verantwortungsvollem Journalismus nichts gemein".
Ein Leser hatte sich beim Presserat über die insgesamt fünf Texte, erschienen zwischen September 2017 und Jänner 2018, beschwert. Alle Artikel "verstoßen nach Auffassung des Senats 2 gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse", so das Urteil des Presserats nach dem Verfahren.
"Wochenblick.at" wurde aufgefordert, die Entscheidung freiwillig zu veröffentlichen, die Seite hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats aber nicht anerkannt. Es ist nicht die erste Rüge des Presserats für die in Oberösterreich angesiedelte Wochenzeitung "Wochenblick" bzw. ihre Online-Ausgabe.
"Auf korrekte seriöse Recherche verzichtet"
Gegen den Punkt 7 im Kodex - "Schutz vor Pauschalverunglimpfungen und Diskriminierung" - verstieß laut Senat etwa ein "Symbolbild" zu einem Artikel, in dem behauptet wurde, dass ein 57-jähriger Syrer in Schweden in drei Häusern mit je einer Ehefrau lebe. Das Foto zeigte einen "jungen Mann mit drei jungen Frauen in einem Bett", alle lächelnd, schilderte der Presserat am Mittwoch in einer Aussendung. Das Bild deute "eine Gruppensexszene an", und Zweck sei offenbar, "Flüchtlinge insgesamt ins schlechte Licht zu setzen und zu diskreditieren".
Mit der Behauptung, Schweden werde bis 2030 aufgrund eines Flüchtlingsansturms ein Entwicklungsland sein, wurde nach Ansicht des Senats ebenfalls der Punkt 7 im Ehrenkodex verletzt, außerdem der Punkt 2.1 ("Gewissenhafte Wiedergabe von Nachrichten"). Denn im Artikel werde zwar auf den von der UNO entwickelten Human Development Index (HDI) Bezug genommen, allerdings seien alte Zahlenschätzungen anstatt der Jahre später veröffentlichten tatsächlichen Daten verwendet worden - "um die Zustände in Schweden wegen der Zuwanderung von Flüchtlingen als katastrophal darstellen zu können", so der Presserat.
Die Artikelserie ziele "augenscheinlich darauf ab, Schweden so darzustellen, als wäre es auf dem Weg in den Untergang", war das Fazit des Senats. Die Situation in dem skandinavischen Land sei dabei "maßlos übertrieben, willkürlich aufgebauscht und zum Teil auch absichtlich falsch" präsentiert worden, mit "diskriminierenden Schlussfolgerungen". Auf "korrekte seriöse Recherche" oder gar "Check und Re-Check" sei verzichtet worden, denn die Autorin "wollte Panik verbreiten sowie Ressentiments und Vorurteile gegenüber Migranten schüren", lautet der Befund des Presserats.
Innenministerium schaltete Inserate
Der "Wochenblick" hatte zuletzt in der innenpolitischen Debatte eine Rolle gespielt, nachdem bekannt geworden war, dass das FPÖ-geführte Innenministerium sowohl in der Printausgabe als auch online Inserate geschaltet hatte. Im Frühling hatte ein "profil"-Bericht über Schaltungen des oberösterreichischen FPÖ-Landesrats Elmar Podgorschek sowie der Linz AG im Vorjahr für Wirbel gesorgt.
Das Medium wird seit 2016 im Innviertel in Oberösterreich herausgegeben; das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes bezeichnet den "Wochenblick" als "Desinformationsprojekt am rechten Rand". Die Geldgeber des Projekts seien "ganz geheim", sagte Geschäftsführer Norbert Geroldinger einmal den "Oberösterreichischen Nachrichten" - verraten dürfe er sie nicht, sonst "wäre das Geld weg". Einige Mitarbeiter des Blattes sind oder waren FPÖ-Funktionäre. Die FPÖ sowie der "Wochenblick" dementierten stets Verbindungen zueinander.
(APA/Red.)