Hofburg-Wahl: Neunmal schuldig und ein Freispruch

Der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) (2.v.r.) und weitere Angeklagte
Der Villacher Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) (2.v.r.) und weitere Angeklagte APA/GERT EGGENBERGER
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Das Landesgericht Klagenfurt verhängte wegen Mängel bei der Hofburgwahl Strafen gegen Villachs Bürgermeister Albel (SPÖ) und acht weitere Beschuldigte. Die FPÖ-Beisitzerin, die den Fall ins Rollen gebracht hatte, wurde freigesprochen.

Neun Schuldsprüche und ein Freispruch, allesamt nicht rechtskräftig. So lautet das vorläufige Ende einer langen Pannenserie rund um die Frage, wer Österreichs Bundespräsident sein soll.

Ihren Anfang genommen hatte die Misere am 22. Mai 2016: Damals setzte sich Alexander Van der Bellen in der Stichwahl gegen seinen freiheitlichen Kontrahenten Norbert Hofer durch. 40 Tage lang stand der frühere Grünen-Chef als Staatsoberhaupt fest, dann hob der Verfassungsgerichtshof das Ergebnis auf. Bundesweit wurde der 22. Mai 2016 bald vergessen, nicht so in Kärnten: Am Landesgericht in Klagenfurt mussten sich gestern, Donnerstag, der Villacher Bürgermeister, Günther Albel (SPÖ), und neun weitere Personen wegen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung verantworten.

Zur Last gelegt wurde neun von ihnen falsche Beurkundung und Beglaubigung im Amt. Der Wahlleiter musste sich indes wegen Amtsanmaßung, Fälschung von Beweismitteln und falscher Beweisaussage verantworten. Neun der zehn Angeklagten bekannten sich schuldig, einzig die freiheitliche Wahlbeisitzerin, die den Fall ins Rollen gebracht hatte, plädierte auf nicht schuldig. Sie wurde von Richter Christian Liebhauser-Karl freigesprochen.

Die höchste Strafe bekam der Abteilungsleiter des Melde- und Standesamtes aus. Er wurde zu fünf Monaten bedingt und einer Geldstrafe von 14.000 Euro verurteilt. Letztere wurde auch über Bürgermeister Albel verhängt. Die sieben übrigen Beschuldigten erhielten Geldstrafen zwischen 5400 und 9000 Euro.

„Ich fühle mich schuldig“

Der einzige Verhandlungstag in der Causa hatte am Donnerstag mit einer Reihe von Geständnissen begonnen: „Ich fühle mich schuldig“, räumte Stadtchef Albel ein, um sogleich zu versuchen, seine Rolle kleinzureden: Er sei nur für die Beurkundung des Ergebnisses, nicht für die Auszählung verantwortlich gewesen. „Wie können Sie etwas beurkunden, von dem Sie nicht wissen, ob es rechtmäßig ist?“, konterte Richter Liebhauser-Karl. „Sie haben völlig recht, das war ein Fehler“, so Albel.

Sein Verteidiger, Meinhard Novak, hatte zuvor den Wahlleiter scharf kritisiert: Dieser „Mister Wahl“, dieser „Konzertmeister hat den Taktstock übernommen, nach einer falschen Partitur dirigiert, und das Orchester hat gespielt“, sagte er. In anderen Worten: Der Beamte habe das ihm geschenkte Vertrauen missbraucht.

Alexander Jelly, der Verteidiger des Abteilungsleiters, wies den Vorwurf des „Konzertmeisters“ umgehend zurück. Auf den Schultern seines Mandanten habe „großer Druck“ gelastet, das Ergebnis möglichst rasch mitzuteilen.

Diesen Eindruck bestätigte auch die, letztlich freigesprochene, FPÖ-Beisitzerin. „Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Wir wollten natürlich wissen, wie die Briefwahl ausgegangen ist“, schilderte sie die Ereignisse bei ihrer Einvernahme. Als sie am Montag nach dem Urnengang den Wahlleiter gefragt habe, wann ausgezählt werde, habe ihr dieser geantwortet: „Wir sind schon fertig.“ Bei der Sitzung der Wahlbehörde am Nachmittag bestätigten die übrigen Mitglieder, dass sie bei der Auszählung anwesend gewesen seien. Auch wurde unterschrieben, dass am Wahlabend eine Sitzung stattgefunden hätte – obgleich das nicht der Fall gewesen sei. Sie habe daher eine Korrektur verlangt, sei aber zur Unterschrift gedrängt worden.

„Sie haben gewusst, dass da etwas nicht gestimmt hat. Was war der Grund, dass Sie sich mit einem Aktenvermerk zufriedengegeben haben?“, wollte Liebhauser-Karl darauf wissen. „Man hat mir die Auskunft gegeben, dass das Protokoll vorgedruckt sei und man nichts ändern könne. Das hat der Abteilungsleiter so mitgeteilt, wir haben das so hingenommen“, so die Frau, die betonte: „Am Wahlergebnis hatte ich nie Zweifel.“

Faux-pas eines Richters

Für ein pikantes Prozessmomentum hatte übrigens Richter Liebhauser-Karl gesorgt, der die „sehr gepflegte Sprache“ der FPÖ-Beisitzerin lobte. Die Ersatzgemeinderätin konterte: „Auch Reinigungskräfte können lesen und schreiben.“

(hell)

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