US-Finanzminister: Vorerst 120 Tage keine Strafzölle auf EU-Autos

Exportautos der Marke Volkswagen, aufgenommen in Emden
Exportautos der Marke Volkswagen, aufgenommen in EmdenREUTERS
  • Drucken

Zudem könnten die Strafzölle auf Stahl und Aluminium zurückgenommen werden, bestätigt Finanzminister Mnuchin. Für Produkte wie Sojabohnen und Flüssiggas müssen die USA selbst Abnehmer am Markt finden.

US-Finanzminister Steven Mnuchin hat bestätigt, dass die USA vorerst keine Strafzölle auf Autos aus der Europäischen Union verhängen werden. Auf die Frage, ob die Drohung mit Strafzöllen auf Autos vorerst aufgehoben sei, sagte Mnuchin am Donnerstag im US-Sender CNBC: "Das ist richtig." Dies gelte für die Dauer der Verhandlungen zwischen den USA und der EU zu Handelsfragen.

Bisher hatte nur die EU erklärt, dies sei beim Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwochabend in Washington vereinbart worden. Mnuchin bestätigte bei CNBC zudem, dass die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus der EU zurückgenommen werden könnten. Die "Grundlagen" seien gelegt, "und ich hoffe, wir lösen das sehr schnell".

Die EU-Seite geht davon aus, dass die Autozölle auf jeden Fall bis Ende November vom Tisch sind. Ein EU-Vertreter sagte in Brüssel, beide Seiten hätten sich auf eine Frist von 120 Tagen verständigt, damit Experten Verhandlungsgebiete genauer auszuloten könnten. Trump habe zugestimmt, dass in diesen 120 Tagen keine Autozölle verhängt würden. Sollte es danach dann weitere detaillierte Handelsgespräche geben, gelte dies auch danach.

USA müssen Abnehmer für Soja und Gas selbst finden

Trump und Juncker hatten sich am Mittwochabend in Washington auf Schritte zur Beilegung des Handelsstreits verständigt. Vereinbart wurde, über die Annullierung sämtlicher Zölle und sonstiger Handelsbarrieren sowie aller Subventionen für industriell gefertigte Waren zu verhandeln.

Bei den Importen von Sojabohnen und Flüssiggas, betonten Kommissionsvertreter, die EU sei keine Planwirtschaft wie die Sowjetunion. Für diese US-Produkte müssten Abnehmer am Markt gefunden werden.

Bei Sojabohnen habe die EU einen riesigen Bedarf, und die USA seien hier wettbewerbsfähig. Bei Flüssiggas sei dies aufgrund der hohen Transportkosten noch nicht der Fall, solange die Gaspreise nicht stiegen. Politisch sei es aber wünschenswert, wenn der Energiemarkt diversifiziert werde. Ein Sprecher stellte klar, dass die EU an Umwelt- und Nahrungsmittelstandards festhalte.

"Kuh ist noch nicht endgültig vom Eis"

Es schien, als fiele für die Wirtschaft Weihnachten mitten in den Sommer. "Durchbruch geschafft", jubelte Deutschlands Wirtschaftsminister Peter Altmaier via Twitter: "Großartig für die Weltwirtschaft." Doch dann folgte die Ernüchterung. Stunden später, als der Kompromiss bei Lichte besehen wurde, kamen vielen Akteuren Zweifel. "Die Kuh ist noch nicht endgültig vom Eis", gestand Altmaier. Sollte heißen: Eine abschließende Lösung des Zollkonflikts ist noch längst nicht erreicht. Trump und Juncker gelang bisher nicht viel mehr, als eine Reihe von hehren Absichten zu äußern.

Die Vereinbarungen von Juncker und Trump lassen vor allem Fragezeichen zurück. Wie sollen die Abmachungen umgesetzt werden: in einem allgemeinen Freihandelsabkommen der EU mit den USA oder in einem sektorbezogenen Industriezoll-Abkommen? Wie wollen die Europäer ihre Zusage einhalten, den Amerikanern mehr Sojabohnen abzunehmen? Wer in Europa soll Junckers Zusage an Trump erfüllen und das teure US-Flüssiggas kaufen? Und schließlich: Was haben die beiden mit der Welthandelsorganisation (WTO) vor, dem Hüter und Regelgeber des globalen freien Handels? Die Antworten stehen noch aus.

Immerhin: Solange die Regierung in Washington und die EU-Kommission miteinander reden, wollen sie von neuen Zöllen absehen. Damit sind die von Trump angedrohten Abgaben auf Importautos aus Europa von der tagespolitischen Agenda genommen worden und ebenso die schon in der Schublade liegende EU-Vergeltungsliste. Gänzlich vom Tisch sind diese weitreichenden Schritte aber damit nicht. Ferner gelten die vor einigen Wochen in Kraft gesetzten US-Stahl- und Aluminiumzölle sowie die daraufhin verhängten Gegenzölle der Europäer auf Bourbon-Whiskey, Jeans und Motorräder "made in USA" weiterhin. Ob sie zurückgenommen werden, muss sich erst noch erweisen.

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat die Annäherung grundsätzlich als "ein gutes Zeichen" bezeichnet. Die Verständigung zeige, dass es eine Bereitschaft gebe, Handelsfragen auf multilateralem Weg zu diskutieren, sagte Draghi am Donnerstag nach einer Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt. Für eine Beurteilung von Details sei es allerdings noch zu früh. Auch der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher zeigt sich zufrieden: "Die EU hat bekommen, was sie gewollt hat". Im Gegenzug würden die vermeintlichen Zugeständnisse über den Import von mehr Sojabohnen die Europäer nicht schmerzen. Dass Juncker Trump außerdem zugesagt hat, mehr Flüssiggas zu importieren, hält der Wirtschaftsforscher ebenfalls für gut kalkuliert: "Ich bin davon überzeugt, dass man das bewusst gemacht hat, um Trump ein Entgegenkommen zu signalisieren". 

(APA/Reuters/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Macron wischt Trump eine Schuppe vom Anzug
Österreich

Drei Gründe, warum Macron so scharf gegen Trump wettert

Warum fällt Emmanuel Macron dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker derart in den Rücken? Einen Tag nach Junckers erfolgreichen Gespräch mit US-Präsident Donald Trump attackiert der französische Präsident die USA.
Österreich

EU: Agrarprodukte nicht Teil der Handelsgespräche mit USA

Die EU-Kommissionen hat klargestellt, dass Agrarprodukte nicht Teil der anstehenden Verhandlungen zwischen EU und Washington sein werden.
Emmanuel Macron und Donald Trump
Österreich

Frankreich lehnt umfassendes Handelsabkommen mit USA ab

Der Handelsstreit zwischen der EU und den USA schien beigelegt - dank Kommissionschef Juncker. All zu harmonisch ist die Lage aber doch nicht: Emmanuel Macron erwartet "klare Gesten" zu Zöllen auf Stahl - und keine Drohungen.
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump
Österreich

Junckers Washingtoner Coup

Mit geschickter Diplomatie brachte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker US-Präsident Donald Trump dazu, seinen Angriff auf Europas Exportindustrie fürs Erste abzublasen.
Archivbild: Neuwagen bei Volkswagen in Wolfsburg
Geld & Finanzen

Entschärfter Handelsstreit: Auto-Aktien ziehen Börsen nach oben

Die Entspannung im Handelsstreit lockt Anleger in den Aktienmarkt zurück. Angeführt von den Fahrzeug-Herstellern legte der Dax am Donnerstag deutlich zu.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.