Wohngeschichte

Litschau: Im Brauhaus daheim

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Regisseur Zeno Stanek über Leben und Arbeiten im Brauhaus Hörmanns - und was ihn seit mehr als 20 Jahren daran fasziniert.

Holz, Granit, Geschichte(n): Die ehemalige Brauerei Hörmanns besteht aus den bewährten Grundzutaten des Waldviertels. Vor rund 300 Jahren im Stil böhmischer Industriebauten in den Hügeln hinter Litschau errichtet, dienen die drei Trakte heute nicht nur als Wohnraum (für mehrere Familien), Büro, Bühne, Proberaum, Gästezimmer, Werkstatt und Requisitenlager. Hier treffen sich allsommerlich Künstler und Kreative, reden, feiern, diskutieren und haben, immer wieder, Ideen, die den Tag überdauern.

300 Jahre Redestoff

Treffpunkt ist die Küche. Viel Holz, ein alter Herd neben dem neuen, Großmutters Kredenz neben dem von einem Tischler gefertigten, hohen Tisch – so kann man ihn auch als Arbeitsfläche gut nutzen – dominieren den Raum. „Soviel ich weiß, hat man sich durch die Jahrhunderte hindurch immer hier getroffen. Einfach zur Tür rein und schon da“, erzählt Regisseur Stanek. Als Farbfabrik, Rosenzucht, Rotlichtzone, Aussteiger-, Pfadfindertreff und Ort für Feuerwehrfeste dienten Gebäude und Garten, bis der Maler Horst Mundschitz zu renovieren begann.

Stanek übernahm das Anwesen in den frühen 90er-Jahren und gründete 1993 nicht nur das „Theater Brauhaus“ im Braushausstadl, sondern führte die Umgestaltung fort: Zimmer für Zimmer wurde es – neben Wien – ein zweites Zuhause für ihn und seine Familie. „Frau und Töchter waren dann schon sehr froh, als wir ans Kanalnetz angebunden wurden“, erzählt der Regisseur. „Das Leitungswasser kommt aber immer noch aus dem Brunnen“.

Innen dominieren warme Farben, viel Holz, gemütliche Teppiche. Kein Möbelstück gleicht dem anderen, „alles Stücke aus der Familie oder aus einem besonderen Grund erworben“. Bilder, Skulpturen, Kunstobjekte, Sammelstücke und ein kleines bisschen Salz-und-Pfefferstreuer-Kitsch – „das haben mir Gäste mitgebracht“ – schaffen eine behagliche Atmosphäre. Im Wohnzimmer, „zu Ehren der Rotlichtära in rot gehalten“, scherzt Stanek, steht ein runder Tisch „denn nur an einem solchen sitzen sich alle wirklich gegenüber“.

Träumen in der Brauhalle

Das ursprüngliche kleine Fenster wurde bodentief erweitert. „Dabei sind wir auf unbehauene Granitsteine in der Mauer gestoßen. Das Haus ist wirklich sehr solide gebaut“. Die ehemalige Brauhalle des Traktes wurde schon von Mundschitz unterteilt, heute befinden sich dort Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer sowie ein neues Bad. Ein paar Schritte weiter steht man im neuen Büro, anschließend wurden diverse Gästebereiche geschaffen. „Wir bringen hier ja jeden Sommer zahlreiche Künstler unter“. Heuer nicht nur beim seit 2007 jährlich stattfindenden „Schrammelklang“, das aus der Idee künstlerischen Schaffens im Waldviertel entstand, sondern beim neuntägigen Theaterfestival „hin&weg“.

Gummistiefel und Taschenlampe

„Wir sind schon sehr gespannt, wie es ankommt“, erzählt Stanek. „Es gibt den ganzen Tag Programm in unterschiedlichen Formen: Theater, Lesung, Hörspiel, Bekanntes und Neues, im Theater oder der Stube, mit Kulinarik und Musik ... und wenn es einem zuviel wird, geht man baden oder in den Wald“.
Als junger Regisseur mit Freunden einen Ort für Theater suchend, verliebte er sich in die Stille, das Erdige, das Naturverbundene des Ortes. Daran hat sich in den Jahren wenig geändert, obwohl „die Bauern sagen, seit die neue Flugroute über Litschau geht, regnet es viel weniger. Ob das zusammen hängt, kann ich nicht sagen, doch die Gummistiefel braucht man wirklich weniger als früher.“ Die Taschenlampe dafür wie eh und je. „In der Nacht ist es draußen zappenduster“.

Die Stadt weit weg

Umso gemütlicher soll es drinnen sein: „Wohnen ist für mich stark mit Kunst verbunden, mit Holz, das Wärme ausstrahlt und im Ofen tatsächlich wärmt, es ist mit Haptik verbunden. Es ist mir wichtig, wie sich die Dinge, die einem umgeben, anfühlen“, meint Stanek. „Und wohnen mit schönen Dingen ist auch immer erinnern“. Das Haus soll Rückzugsort für die Familie und offener Platz für Gäste sein. „Hier ins Waldviertel kommt man, um zu bleiben. Man schaut vorbei und bleibt eine Zeit. Der Weg nach Wien ist zwar nicht weit, aber es ist dann ganz weit weg“.

Zum Ort, zur Person

Die 300 Jahre alte Brauerei Hörmanns birgt seit 1993 den „BrauhausStadl“, Wohn- und Arbeitsraum. Im 2250-Einwohner-Ort finden Theater- und Musikfestivals statt. Einfamilienhäuser kosten im Bezirk Gmünd zwischen 485 und 1323,4 Euro/m2,, Reihenhäuser 3,4 bis 5,3 Euro/m2.
Zeno Stanek ist seit 2013 Intendant der Festspiele Stockerau, lebt mit Frau und drei Kindern in Wien und Litschau.
► Tipp: Theaterfestival „hin&weg“, 10.-19. August, www.hinundweg.jetzt

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