Der Handelsstreit zwischen der EU und den USA schien beigelegt - dank Kommissionschef Juncker. All zu harmonisch ist die Lage aber doch nicht: Emmanuel Macron erwartet "klare Gesten" zu Zöllen auf Stahl - und keine Drohungen.
Es schien beinahe so, als hätte sich der Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika beruhigt. Manche politischen Beobachter sprachen gar von einer Entspannung der Lage. Der Grund des Aufatmens: EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump einigten sich in Washington überraschend darauf, vorerst auf Sonderzölle auf europäische Autos zu verzichten. Stattdessen sollte es Verhandlungen zum Abbau von Handelsbarrieren geben.
Besiegelt wurden die Gespräche, wie für den führenden Mann im Weißen Haus üblich, via Twitter. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ortete Trump eine „enge Freundschaft" und prophezeite „starke Handelsbeziehungen, in denen wir beide gewinnen werden". Später fügte er gar noch ein Foto hinzu, das zeigt, wie Juncker ihm einen Kuss auf die Wange drückt. So weit, so bekannt. In der Nacht auf Freitag aber bekam die Euphorie einen ersten Dämpfer ab: Der französische Präsident Emmanuel Macron gab bekannt, ein umfassendes Handelsabkommen zwischen der EU und den USA abzulehnen.
Die Umstände ließen ein Abkommen wie das gescheiterte TTIP-Projekt nicht zu, sagte Macron bei einem Besuch in Spanien. Er erwarte zudem von den USA klare Gesten im Hinblick auf die zusätzlichen Zölle auf Stahl und Aluminium, die auch von den Europäern erhoben werden. Zudem sollte die Landwirtschaft in den Verhandlungen zwischen den USA und der EU ausgeklammert werden.
Geschäftsbeziehung ohne Drohnungen
Wie unter anderem „Le Point“ mit Bezugnahme auf die Nachrichtenagentur AFP berichtet, sagte Macron bei seinem Besuch bei Sanchez: „Europa und Frankreich haben nie einen Handelskrieg gewollt, deshalb ist die gestrige Diskussion, soweit sie uns erlaubt, unnötige Spannungen abzubauen und auf eine Beschwichtigung hinzuarbeiten, nützlich.“ Aber, so fügte der französische Präsident umgehend hinzu: „Eine gute Geschäftsdiskussion (...) kann nur auf einer ausgewogenen Basis, auf Gegenseitigkeit und in keinem Fall auf Drohungen beruhen.“ Insofern habe Paris noch eine Reihe von Fragen und Bedenken, „die wir klären werden“.
Zu seinen Vorstellungen, wie ein Handelsabkommen auszusehen habe, führt Macron aus, er sei der Ansicht, dass die bisher bestehenden europäischen Standards in den Bereichen Umwelt, Gesundheit oder in der Nahrungsmittelfrage, weder abgeschafft noch gesenkt werden sollten.
Trump lobt "sehr klugen Mann" Juncker
Unterdessen übte sich Trump Freitagfrüh mitteleuropäischer Zeit, im Loben von Juncker. „Er ist wirklich ein sehr hartnäckiger, sehr kluger und ein sehr guter Mann", sagte Trump in Granite City, Illinois. „Natürlich, wenn ich keinen Deal mit ihm gemacht hätte, dann hätte ich gesagt, er ist eine fürchterliche Person." Die Vereinbarung mit der Europäischen Union sei ein wirklicher Durchbruch, um Handelsbarrieren zu senken. Ihm sei wichtig, dass ein faires und wechselseitig vorteilhaftes System aufgebaut werde.
Weiters überraschte Trump mit einer Äußerung zum Welthandel: „Handelsdefizit hat sich auf 817 Milliarden Dollar (702 Milliarden Euro) pro Jahr aufgebläht (...) In anderen Worten, wenn wir keinen Handel getrieben hätten, hätten wir verdammt viel Geld gespart." Aus Sicht von Trump waren die USA ein „großes dummes Sparschwein", das alle geplündert hätten.
(hell/APA/Reuters/dpa)