Finanzskandal im ÖOC wird zu einem Flächenbrand

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Gefälschte Zahlungsbelege aus dem Bundeskanzleramt: In die Affäre des Österreichischen Olympischen Comités könnten auch Politiker involviert sein. Wie tief der olympische Sumpf ist, lässt sich noch nicht genau abschätzen.

Es finden sich auf den gefälschten Zahlungsbelegen auch Stempel des Bundeskanzleramtes mit dem Vermerk ,geprüft‘. In Wahrheit ist aber kein Zahlungsfluss nach außen gegangen, sondern erfolgte auf das interne Verrechnungskonto.“

Wie tief der olympische Sumpf ist, lässt sich für Franz Marhold noch immer nicht genau abschätzen. Aber die neuen Ergebnisse der unabhängigen Untersuchungskommission sprechen für eine dunkle Vergangenheit des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC). „Es ist kaum zu glauben, wie hier gewirtschaftet wurde“, meint der Vorstand des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht. Er ist Mitglied jenes Ausschusses, den Karl Stoss als neuer ÖOC-Präsident eingesetzt hat, und Marhold zeigt sich betroffen. „Ich hätte das zu Beginn meiner Arbeit nicht für möglich gehalten.“ Dass nun sogar gefälschte Belege aus dem Bundeskanzleramt aufgetaucht sind, lässt sogar auf Subventionsbetrug schließen.

„Da wird eine Lawine ins Rollen kommen. Auch politische Kreise können davon betroffen sein.“ Mit diesen Worten soll ÖOC-Präsident Stoss seinen Vorstand Mittwochabend auf das Schlimmste vorbereitet haben.

Gefälschte Belege

Die Altlasten sind erdrückend, das ÖOC kommt nicht zur Ruhe. Täglich werden neue Details bekannt. Auch unter dem Druck der Öffentlichkeit. „Die Presse“ berichtete bereits Anfang Februar über dunkle Finanzkanäle und die Existenz einer „schwarzen Kassa“. Nun ging ÖOC-Präsident Karl Stoss in die Offensive und bestätigte unsere Recherchen.

Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Salzburg gegen Leo Wallner, den ehemaligen ÖOC-Präsidenten, und gegen Heinz Jungwirth, den Ex-Generalsekretär. Buchhaltungsunterlagen sind plötzlich verschwunden, die Kassabücher aus den Jahren vor 2006 unauffindbar. Die finanziellen Ungereimtheiten rund um die Salzburger Bewerbung für die Winterspiele 2014 beschäftigen die Justiz schon längere Zeit.

Nun konzentrieren sich die Erhebungen auf ein mittlerweile in Konkurs gegangenes Reisebüro in Kitzbühel. Als Gesellschafter von T.F.Reisen fungierten jahrelang der damalige Generalsekretär Heinz Jungwirth und Dopingexperte Hans Holdhaus.

Über dieses Reisebüro wurde das Schwarzgeldkonto gefüttert, bestätigt Franz Marhold der „Presse“. Das ÖOC war in der glücklichen Lage, die Austrian Airlines als Sponsor zu haben und damit über ein Gratismeilenkonto zu verfügen. Diverse Buchungen wurden aber bei dem Reisebüro getätigt. Es stellte Rechnungen aus, die Flüge wurden allerdings storniert, und das Geld landete auf dem „geheimen Konto“. Auch ein Sparbuch hat es für derlei Transaktionen gegeben. „In Summe kommen wir über die Jahre auf einen siebenstelligen Betrag“, berichtet Marhold. Von 1,2 Millionen Euro ist die Rede.

Chauffeur als Geldbote

„Die Presse“ konfrontierte Holdhaus, Mitglied der IOC-Ethikkommission und Berater des Sportministeriums bei der Vergabe von Fördergeldern, mit den jüngsten Ermittlungen. Holdhaus beteuert seine Unschuld: „Ich war zu keiner Zeit in die Geschäftstätigkeit involviert, hatte keinerlei Einblick in die geschäftlichen Tätigkeiten.“

Für das Schwarzgeldkonto waren Leo Wallner als damaliger ÖOC-Präsident, Generalsekretär Heinz Jungwirth und dessen Stellvertreterin Manuela Kovarik zeichnungsberechtigt. Kovarik wurde vorgestern fristlos entlassen. „Auf den Belegen findet sich aber keine Unterschrift von Leo Wallner“, sagte Marhold zur „Presse“.

So richtig die Finger schmutzig machen wollte sich im ÖOC anscheinend niemand. „Man hat immer den Chauffeur oder einen Hausangestellten geschickt, um Geld zu beheben“, betonte Franz Marhold.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2010)

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