Warum die Briten nach dem Brexit auf keine Sonderbehandlung hoffen können

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Die EU stellt klar, dass britische Finanzfirmen nach dem Brexit nicht automatisch besser behandelt werden als die Konkurrenz aus Übersee. Dem ging eine Auseinandersetzung voraus, die symptomatisch für die Hauptprobleme der Brexit-Verhandlungen ist.

London/Brüssel. Für Großbritannien ist die City of London ein Goldesel. Mit umgerechnet knapp 90 Mrd. Euro pro Jahr steuert die Finanzbranche rund elf Prozent des gesamten britischen Steueraufkommens bei. Und nachdem die EU ein wichtiger Kunde der Banker in der City ist, waren in London die Sorgen groß, der EU-Austritt Großbritanniens würde das Erfolgsmodell nachhaltig beschädigen. An dieser wichtigen Brexit-Nebenfront gab es zu Beginn der Woche ein Aufatmen.

Nach einem Bericht der „Financial Times“ hat sich Michel Barnier, der Chefverhandler der EU-Kommission, konziliant gezeigt und seine Ablehnung der aus London kommenden Vorschläge bezüglich des Zugangs zum EU-Markt für britische Finanzunternehmen abgeschwächt. Und zwar, weil die Briten klargestellt haben, dass sie – anders als von der EU-Seite verstanden – kein unabhängiges Schiedsgericht fordern, die für eventuelle Streitigkeiten nach dem Brexit zuständig sein sollte. Darüber, ob und zu welchen Bedingungen britische Banken und Fonds am EU-Binnenmarkt aktiv sein dürfen, soll demnach einzig und allein die EU zuständig sein.

Streit um Mitspracherecht

Das angebliche Missverständnis ist symptomatisch für eines der Hauptprobleme bei den Verhandlungen über den britischen EU-Austritt am 29. März 2019. London argumentiert, dass Großbritannien und die EU so eng miteinander verflochten sind, dass ein Standard-Freihandelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit nicht ausreichend ist, um die Beziehungen zu regeln. Die Briten wünschen sich Mitspracherecht bei der Gestaltung dieser Beziehungen und fordern von den Europäern Flexibilität.

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