Staatsbürgerschaft: Schweigen über Einbürgerung

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Schon bisher war die Vergabe im Eilverfahren undurchsichtig. Die Regierung will nun gar keine Namen mehr nennen.

Wien. Nach der Sommerpause des Parlaments werden wieder Staatsbürgerschaften „im besonderen Interesse der Republik“ verliehen – das erste Mal von Türkis-Blau. Waren diese Vergaben bisher schon undurchsichtig, werden sie künftig noch geheimer ablaufen: Aus Datenschutzgründen würden nun keine Namen mehr genannt werden, hieß es aus dem Innenministerium. Das berichtete die Plattform Addendum.

2017 waren die entsprechenden Protokolle aus dem Ministerrat noch von der rot-schwarzen Koalition veröffentlicht worden; damals befand sich unter anderem Opernsängerin Cecilia Bartoli unter den neuen Staatsbürgern, die die Staatsbürgerschaft wegen „außerordentlicher Leistungen im besonderen Interesse der Republik“ erhalten hatten. Dieses „Interesse“ ermöglicht einen österreichischen Pass im Eilverfahren, während das reguläre Einbürgerungsverfahren als eines der striktesten weltweit gilt.

Wer eine Staatsbürgerschaft wegen des „besonderen Interesses der Republik“ erhält, war schon bisher nicht immer in Erfahrung zu bringen. Auch die genauen Begründungen sind in der Regel nicht öffentlich bekannt. Ermöglicht wird eine solche Einbürgerung „aufgrund von bereits erbrachten oder zu erwartenden außerordentlichen Leistungen auf wissenschaftlichem, wirtschaftlichem, künstlerischem oder sportlichem Gebiet“, wie es im Staatsbürgerschaftsgesetz heißt. Seit 2006 wurden 303 solcher Staatsbürgerschaften an in Österreich ansässige Bewerber vergeben, zusätzlich gingen zwei bis drei solcher Staatsbürgerschaften an Bewerber mit Hauptwohnsitz im Ausland. Die Entscheidungen fielen stets im Ermessen der Regierung.

System „Einfallstor für Korruption“

Auch 2014 festgeschriebene Richtlinien ließen den Entscheidungsspielraum bestehen. Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International kritisierte diesen Umstand zuletzt; das österreichische System sei ein „Einfallstor für Korruption“, ein transparentes Vergabesystem samt Namensveröffentlichung mit Stellungnahmen von Ministerien und Empfehlungsschreiben sei notwendig. (epos/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2018)

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