Martina Stilp im „Jedermann“: „Der Domplatz, ein magischer Ort“

„Die Buhlschaft zu spielen wäre sozusagen der Ritterschlag“, sagt Martina Stilp.
„Die Buhlschaft zu spielen wäre sozusagen der Ritterschlag“, sagt Martina Stilp.(c) Anne Zeuner
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Festspiele. Die Schauspielerin Martina Stilp gibt ihr Debüt bei den diesjährigen Salzburger Festspielen: als Schuldknechts Weib im „Jedermann“.

Eigentlich wollte Martina Stilp den Sommer gemeinsam mit ihrem Mann am Meer verbringen, der Urlaub war schon gebucht. Doch daraus wurde nichts: Im Juni erhielt die Schauspielerin, die am Theater an der Josefstadt seit drei Jahren ein festes Engagement hat, einen Anruf. „Haben Sie im Sommer Zeit?“, wollte die Schauspielchefin der Salzburger Festspiele wissen. Sie bot Stilp überraschend eine Rolle im „Jedermann“ an. Eva Herzig, die ursprünglich Schuldknechts Weib gespielt hätte, hatte wegen eines Filmprojekts kurzfristig abgesagt. Stilp überlegte kurz – und stornierte den Urlaub.

„Ich habe mich unglaublich gefreut“, erzählt die gebürtige Deutsche. Sie ist heuer die einzige Neue im Team des „Jedermann“. Alle anderen Schauspieler waren schon im vergangenen Jahr in der Inszenierung von Michael Sturminger mit an Bord. „Ich bin sehr herzlich aufgenommen worden“, sagt Stilp. Dadurch, dass die Inszenierung stark überarbeitet wurde, sei es für alle eine neue Situation gewesen. „Alle waren offen für Neues, ich konnte meine Figur finden.“ Stilp sieht Schuldknechts Weib als starke, wütende Frau, die realisiert, dass sie mit ihren drei Kindern bald auf der Straße steht. Trotzdem bietet sie Jedermann die Stirn und schlägt das fragwürdige Angebot, ihr Unterschlupf zu bieten, aus.

In Salzburg hat die Schauspielerin schon einmal einen Sommer verbracht – allerdings nicht bei den Festspielen. Sie wirkte als junge Schauspielerin in einem Kurzfilm mit – als Honorar gab es die Möglichkeit, in der Innenstadt zu wohnen und das Flair im Sommer zu genießen. „Den Jedermann habe ich damals nicht gesehen“, erzählt sie. Dafür einige andere eindrucksvolle Produktionen.

„Tanzende Ärztin in Paris“

Dass Stilp Schauspielerin wurde, ist Zufall. In der Schule waren Biologie, Französisch und Tanz ihre Lieblingsfächer. Sie wusste lange nicht, für welchen Beruf sie sich entscheiden sollte. „Eine Idealvorstellung für mich wäre tanzende Ärztin in Frankreich gewesen“, scherzt sie. Doch bei der Moderation einer Schulveranstaltung entdeckte sie, dass sie gerne auf der Bühne steht. So kam sie zur Schauspielerei, studierte an der Otto-Falckenberg-Schule in München: „Ich habe schnell gewusst, das ist meins.“

„Ich kann nicht ohne Theater, aber ich liebe auch den Film“, sagt Stilp. Sie hat in Produktionen wie „Vier Frauen und ein Todesfall“, „Soko Kitzbühel“ oder dem Kurzfilm „In der Stille der Nacht“ mitgewirkt. Die Affinität zu Krimis hat sich durch die Castings ergeben, Krimileserin ist Stilp keine. In Kürze steht wieder ein Projekt an, welches verrät sie noch nicht. Sie mag das selbstständige Arbeiten beim Film genauso wie die Teamarbeit beim Theater. „Theater hat so etwas Unmittelbares. Jeder Abend ist anders“, sagt sie.

Dieses Unmittelbare spürt sie heuer besonders: „Der Domplatz ist ein magischer Ort.“ Wenn sie dort vor 2500 Menschen stehe, sei das ein unglaubliches Gefühl: „Ich habe noch nie vor so vielen Menschen gespielt.“ Die Luft, die Sonne, der Blick zum Himmel – für Stilp eine neue, wunderbare Erfahrung, die sie nicht missen will.

Würden sie auch andere Rollen im „Jedermann“ reizen? „Früher habe ich mir gedacht, dass es ein Traum wäre, einmal die Buhlschaft zu spielen“, erzählt Stilp. „Es ist immer noch ein Wunsch! Es wäre sozusagen der Ritterschlag. Aber ich würde mir auch wünschen, einmal die Guten Werke zu spielen.“ Wie Mavie Hörbiger die Rolle spiele, rühre sie zu Tränen. „Dem Text dieser Rolle, aber auch der besonderen Verbindung, die die Guten Werke zu Jedermann haben, dem würde ich mich gerne später einmal stellen.“

Und was macht die Schauspielerin nach dem Sommer? „Am Tag der letzten Aufführung des „Jedermann“ beginnen schon die Proben für mein nächstes Stück in der Josefstadt.“ Stilp wird im Herbst eine Moderatorin und Society-Reporterin im „Besuch der alten Dame“ spielen. Und dazwischen wird sie ein bisschen Urlaub in Salzburg machen – und viele alte Bekannte aus der Schauspielszene treffen, die ebenfalls den Sommer in der Festspielstadt verbringen.

ZUR PERSON

Martina Stilp wurde 1973 in Weiden in der Oberpfalz geboren. Sie studierte Schauspiel und gehörte nach Engagements in München und Augsburg zehn Jahre dem Ensemble des Grazer Schauspielhauses an. Seit 2015 ist sie am Theater in der Josefstadt. Sie hat zudem in Produktionen wie „Vier Frauen und ein Todesfall“, „SOKO Kitzbühel“, „Bella Block: Das Schweigen der Kommissarin“, „Tatort“ oder dem Kurzfilm „In der Stille der Nacht“ mitgewirkt. In diesem Sommer ist Stilp als Schuldknechts Weib im „Jedermann“ vor dem Salzburger Dom zu sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2018)

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