Sanktionen für "Schwänzer"? Sobotka übt Zurückhaltung

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)(c) Clemens Fabry (Presse)
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Das Fehlen bei Abstimmungen im Parlament könnte die Betroffenen bald Geld kosten - zumindest wollen ÖVP und FPÖ darüber diskutieren. Der Nationalratspräsident ist skeptisch.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) steht dem Vorschlag junger ÖVP-Mandatare, Abwesenheit bei Abstimmungen zu sanktionieren, abwartend gegenüber. "Ich sehe Sanktionen prinzipiell als letztes Mittel und habe bisher immer an die Verantwortung der Abgeordneten als Volksvertreter appelliert", sagte er in der Tageszeitung "Österreich" am Montag.

Mehrere Mandatare der ÖVP hatten am Wochenende vorgeschlagen, Geldbußen für "Schwänzer" von Abstimmungen im Hohen Haus einzuführen. Dafür benötige es Änderungen in der Geschäftsordnung des Nationalrats und im Bundesbezügegesetz. Als Beispiel nannten Klaus Lindinger und Johanna Jachs, die bei der Initiative federführend agieren, SPÖ-Chef Christian Kern, der bei fast 70 Prozent der Abstimmungen seit Beginn der Legislaturperiode abwesend war. Derartige Werte seien schockierend, so Lindinger: "Wir sind gewählte Volksvertreter und werden für unsere Arbeit mit Steuergeld gut bezahlt."

Kern konterte daraufhin mit der Argumentation, ein Pflege- und Todesfall in der Familie, habe zu Abwesenheiten seinerseits geführt. Weiters gab die SPÖ zu bedenken, dass nicht nur rote Abgeordnete von Zeit zu Zeit fehlen würden: So warfen Eva-Maria Holzleitner und Philip Kucher der ÖVP eine "Doppelmoral" vor, denn Kanzler Sebastian Kurz habe heuer bereits an sieben von 18 Plenartagen gefehlt.

ÖVP und FPÖ wollen über Geldbußen diskutieren

Am Montag kündigten ÖVP und FPÖ an, über etwaige Geldbußen in der Nationalrats-Präsidiale diskutieren zu wollen. Für eine Änderung der Nationalrats-Geschäftsordnung wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig - also die Zustimmung von SPÖ oder Neos. Während sich die SPÖ grundsätzlich gesprächsbereit zeigte, winkten die Neos hingegen ab. Sie sehen derzeit "größere Probleme für die Würde des Hauses". Ähnlich die Liste Pilz. Für Klubobmann Wolfgang Zinggl handelt es sich bei dem türkisen Vorstoß um eine "völlig uninteressante Forderung", ihm wäre eine grundsätzliche Reform der Nationalrats-Geschäftsordnung lieber.

Verfassungsexperten Theo Öhlinger sah in dem Vorschlag gar eine "populistische Forderung für Menschen, die nicht sehen, was eigentlich im Parlament gearbeitet wird", meinte er am Montag im Ö1-"Mittagsjournal". Die eigentliche Arbeit geschehe nicht vorrangig im Plenum des Nationalrats, sondern etwa in den Ausschüssen.

>>> Bericht im Ö1-"Mittagsjournal"

(APA/Red.)

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