Die Sozialministerin fühlt sich missverstanden. Man müsse wohl nicht "ins Kino gehen, um an der Gesellschaft teilzuhaben": Die SPÖ ist empört, ÖVP-Integrationssprecher Dönmez absolvierte indes einen 150-Euro-Selbstversuch.
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) will nicht beweisen, ob man einen Monat lang ohne fremde Hilfe von 150 Euro leben kann. Das gab sie am Wochenende gegenüber der "Kronen Zeitung" zu Protokoll. Konkret: "Wieso sollte ich eine ‚Challenge‘ annehmen? Ich bin Minister, ich arbeite ab nächster Woche wieder rund um die Uhr, also ich habe wirklich Besseres zu tun, als eine ‚Challenge‘ anzunehmen", sagte sie in einem Telefonat mit der Zeitung. Der Hintergrund war die Aufforderung zu einer entsprechenden Challenge seitens einer Gruppe teils der SPÖ, teils den Grünen nahestehender Wirtschaftstreibender. Letztere hatte sich an den Äußerungen der Ministerin gestoßen, wonach man mit 150 Euro einen Monat auskommen könne.
Hartinger-Klein rechtfertigte sich nun damit, dass sie von Asylwerbern gesprochen hätte, "die rundum versorgt" seien. Sie stelle Statistiken zu Armutsgefährdung freilich nicht in Abrede, so die Freiheitliche weiter, "aber manche Dinge finde ich schon komisch. Zum Beispiel, dass ein Mensch ins Kino gehen muss, um an der Gesellschaft teilzuhaben." Überhaupt: "Ich wurde nur zu gerne missverstanden", kritisierte die 62-Jährige. Auf die Frage der "Krone", ob man "unabhängige Medien, wie es der rechte 'Wochenblick' gemacht hat, als 'Fake-News-Schleudern' bezeichnen" müsse, antwortete sie sodann: "Das ist ein Jargon, der zu diskutieren ist. Aber in dem Fall würde ich 'Ja' sagen."
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Äußerungen, die abermals Wellen in den sozialen Netzwerken schlugen. So meinte der Initiator der Challenge, der ehemalige SPÖ-Wahlkampfmanager Stefan Sengel, auf Twitter, es habe sich bei der an die Ministerin herangetragenen Herausforderung nicht um eine Wette auf ein würdiges Leben gehandelt, sondern um eine "auf die Glaubwürdigkeit der Ministerin". SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher nannte die Frage Hartinger-Kleins nach der Notwendigkeit eines Kinobesuchs "zutiefst beschämend" und forderte eine Entschuldigung.
Dönmez an Hartinger-Klein: "Willkommen in der Realität!"
Es folgte Kritik seitens des Koalitionspartners ÖVP: Der frühere grüne Bundesrat und nunmehrige türkise Integrationssprecher Efgani Dönmez postete auf Twitter ein Rechenbeispiel, anhand dessen er Kritik an Hartinger-Klein übte. Er habe soeben ein "Selbstexperiment" absolviert, meinte er auf dem Kurznachrichtendienst. Und zwar: "Gestern Einkauf um 80€ für 4 Personen, reicht ca. für vier Tage. Gestern Eintritt fürs Freibad mit Pommes, Eis und Getränke für die Kinder 45€. Bleiben 25€ für den Rest des Monats. Willkommen in der Realität!"
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(hell)