Papstbrief: "Wollen keine salbungsvollen Worte mehr"

MissbrauchsOpfer Papst enttaeuscht
(c) AP (GREGORIO BORGIA)
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Österreichische Missbrauchs-Opfer sind vom päpstlichen Hirtenbrief enttäuscht, für die Plattform "Wir sind Kirche" fehlt ein Schuldeingeständnis der Kirche. In Irland sind die Meinungen geteilt.

Mit "großer Enttäuschung" haben Betroffene kirchlicher Gewalt in Österreich auf den Hirtenbrief des Papstes zum Thema Missbrauch in Irland reagiert. Auch für die Plattform "Wir sind Kirche" geht der Brief nicht weit genug. Ihrer Ansicht nach fehlt eine strukturelle Analyse der kircheninternen Begünstigungen für Pädophilie. In Irland sind die Reaktionen zu dem Schreiben geteilt.

Mitschuld der Kirche nicht angesprochen

Der Papst sehe die Schuld an den Vorfällen ausschließlich bei den einzelnen Tätern, der irischen Gesellschaft und bei einzelnen Bischöfen, kritisiert der Vorsitzende von "Wir sind Kirche", Hans Peter Hurka. "Die Mitschuld der Kirchenleitung durch Vertuschen und Verschweigen wird nur bis zur Ebene der Bischöfe wahrgenommen. Seine eigene Verantwortung als oberster Kirchenleiter spricht er nicht an." Nur an einer Stelle werde kurz von der Schuld "der" Kirche gesprochen, so Hurka. Der Brief sei zwar "geprägt von hoher Anteilnahme und einfühlsamen Worten an die Opfer und Strenge gegenüber den Tätern. Aber er ist in einer spirituellen Sprache abgefasst, die nichts Konkretes aussagt und die keinerlei Veränderungen erwarten lässt.

Betroffene "wollen endlich Taten sehen"

"Wir wollen keine salbungsvollen Worte mehr. Das 'Erschüttert-Sein' allein bedeutet noch gar nichts", heißt es in einer Stellungnahme mehrerer Missbrauchs-Opfer, die sich in der Plattform "Betroffene kirchlicher Gewalt" zusammengeschlossen haben. Die Plattform fordert von der Kirche Schadenersatz und hat eine Sammelklage angedroht. "Wir wollen endlich von der Kirche Taten sehen. Dazu gehört die Auslieferung aller Täter, Mitwisser und Helfershelfer an staatliche Gerichte ebenso wie eine Entschädigung und Wiedergutmachung, welche diesen Namen auch verdient", erklärt Klaus F., ein Betroffener, im Namen vieler Opfer in der Stellungnahme.

Irland: "Schon vorher gehört" vs. "Erste Entschuldigung"

Bei seinen direkten Adressaten, den Katholiken in Irland, hat der Papstbrief geteilte Reaktionen ausgelöst. "Das meiste, was in dem Brief steht, haben wir schon vorher gehört", sagte Missbrauchsopfer Andrew Madden, der sein Schicksal 1995 als Erster in Irland öffentlich gemacht hatte und gegen die Kirche rechtlich vorgegangen war. Kritisiert wurde vor allem, dass der Papst nicht genug auf die Rolle der Kirche bei der systematischen Verschleierung des Missbrauchs eingegangen sei. Dabei sei das ein Kernpunkt des Skandals, sagte Maeve Lewis vom Opferverband "One in Four": Weil alle geschwiegen und die schrecklichen Taten vertuscht hätten, seien tausende weitere Kinder missbraucht worden, die man hätte schützen können.

Die Kirchenoberhäupter und auch einige Opfer sahen die Erklärungen Benedikts positiver. "Wir haben zum ersten Mal eine Entschuldigung, und das ist wichtig", sagte John Kelly, Sprecher der Organisation "Irish Survivors of Child Abuse". Jetzt sei allerdings abzuwarten, was aus der Ankündigung des Papstes werde, hohe Vatikan-Vertreter nach Irland zu schicken. "Wird irgendjemand zur Verantwortung gezogen werden? So scheint es mir, wenn ich die Worte des Papstes richtig verstehe. Das ist positiv, aber wir brauchen da mehr Klarheit." Das Oberhaupt der irischen katholischen Kirche, Kardinal Sean Brady, äußerte sich nicht.

 

 

 

(APA)


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