Österreichs Wirtschaftsdelegierter im Iran: "Das dicke Ende kommt im November"

Archivbild: Eine Frau vor einer Wandmalerei in Teheran
Archivbild: Eine Frau vor einer Wandmalerei in TeheranAPA/AFP/ATTA KENARE
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Von der ersten Welle der Sanktionen seien rund fünf Prozent der österreichischen Exporte in den Iran betroffen, sagt Christoph Grabmayr. Es gehe um einen "niedrigen zweistelligen Millionenbetrag."

Angesichts des Wiederauflebens der US-Sanktionen gegen den Iran sollten österreichische Firmen ihre eigene Situation ohne Panik bewerten und individuelle Entscheidungen treffen, empfiehlt der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Teheran, Christoph Grabmayr. Pauschale Lösungen gebe es nicht.

Die aktuelle erste Welle der Sanktionen sei noch der kleinere Teil, "das dicke Ende kommt im November", wenn in einer zweiten Stufe alle Geschäfte unterbunden werden sollen. Jetzt sind einmal unter anderem der Handel mit Buntmetallen, Autozulieferungen und manche Finanzgeschäfte betroffen. Daher gehe es derzeit erst um rund fünf Prozent der österreichischen Exporte in den Iran, die sich zuletzt auf etwa 300 Mio. Euro beliefen, also um einen "niederen zweistelligen Millionenbetrag".

Das Hauptproblem seien aber die geplanten Einschränkungen für den Zahlungsverkehr, die auch Geschäfte zum Erliegen bringen dürften, die nicht unter die Sanktionen fallen bzw. aus humanitären Gründen ausgenommen sind wie Lebensmittel, Pharmazeutika oder Medizintechnik. Diese Waren dürfte man auch in Zukunft noch liefern - aber man bekäme kein Geld mehr dafür. Außer man akzeptiert Barzahlungen in Euro. Denn die USA wollen den Iran vom internationalen Zahlungssystem SWIFT abkoppeln.

"Nicht in vorauseilendem Gehorsam handeln"

Kleine und mittelgroße Unternehmen ohne nennenswerte Präsenz in den USA könnten weiter im Iran zulässige Geschäfte machen, wenn sie die Finanzierung sichern können. Aber auch bei einer starken US-Präsenz müsse man nicht "in vorauseilendem Gehorsam Geschäfte abbrechen", wenn es um Produkte geht, die nicht unter die Sanktionen fallen. Aber selbst wenn keine Geschäfte mehr angestrebt werden, sollte man nicht die Kontakte an sich abbrechen, empfiehlt Grabmayr. Denn es werde ja nicht der Kontakt als solcher sanktioniert. Jedenfalls müsse jede Firma im Einzelfall entscheiden - die WKÖ berate gerne.

Für die heimische Wirtschaft wäre es wichtig, dass der Zahlungsverkehr weiter sichergestellt wird, damit Lieferungen, die nicht unter EU- oder UNO-Sanktionen fallen, möglich bleiben. Dazu gebe es auf europäischer Ebene Versuche, weil das kein Land alleine machen wolle - "dazu ist die Furcht vor den Amerikanern zu groß". Denn die EU als Ganzes zu sanktionieren wäre für die USA dann doch etwas anderes als ein einzelnes EU-Land oder eine Institution. Auch müsse die EU sicherstellen, dass US-Sanktionen nicht in der EU durchgesetzt werden können, damit wenigstens Firmen ohne US-Präsenz weiter mit dem Iran Geschäfte machen können.

Grabmayr sieht noch Chancen

Grabmayr sieht aber auch noch Chancen, dass es nicht zum völligen Stillstand des Handels kommt. Denn noch sind drei Monate Zeit und US-Präsident Donald Trump hat sich ohne Vorbedingungen zu Gesprächen mit dem Iran bereit erklärt. Im Iran sei Präsident Hassan Rouhani gesprächsbereit, aber das Land sei "kein Monolith", es sei noch nicht abzuschätzen, welche Position sich letztlich durchsetzen wird. Drei Monate seien heutzutage in der Weltpolitik eine lange Zeit, da könne noch viel geschehen, gibt Grabmayr zu bedenken.

Beabsichtigte US-Politik ist es aus Grabmayrs Sicht, dass es keine präzisen Erklärungen der US-Behörden gibt, was genau von den Sanktionen erfasst ist und welche Strafen drohen. "Da stellt man sich das Schlimmste vor, was passieren kann - wahrscheinlich schlimmer als die Realität". Außerdem könne man keine Gegenmaßnahmen ergreifen, wenn man nicht genau wisse, wogegen man auftreten müsse. Diese Politik der Unsicherheit werde auch von den US-Behörden kommuniziert, Ziel sei es letztlich, dass alle Geschäfte zum Erliegen kommen. Darum wohl seien auch "die schärfsten Sanktionen aller Zeiten" angekündigt.

(APA)

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