Erneut bebte die Erde unter der indonesischen Urlaubsdestination – diesmal mit der Stärke 6,9 – und forderte zahlreiche Todesopfer. Hunderte Touristen strandeten am Flughafen. Die Nachbarinsel von Bali braucht dringend Zelte.
Jakarta/Lombok. Die Straße ist regelrecht aufgeplatzt. Pflastersteine liegen in staubigen Haufen herum, es ist nicht ganz klar: Sind es die Steine von der Straße oder von dem eingestürzten Haus? Als das Erdbeben auf der indonesischen Insel Lombok zuschlug, war es kurz vor 20 Uhr Ortszeit. An vielen Stellen blieb es die ganze Nacht stockdunkel, weil die Erschütterungen auch die Stromanlagen beeinträchtigten. Erst am nächsten Tag, in den frühen Morgenstunden am Montag, war das Ausmaß der Katastrophe sichtbar: Kaputte Straßen, ganze Häuser waren dem Erdboden gleichgemacht.
Etwa 13.000 Gebäude zerstörte das Hauptbeben der Stärke 6,9 sowie seine zahlreichen Nachbeben. Der indonesische Katastrophenschutz musste im Laufe der Nacht die Zahl der Opfer stetig nach oben korrigieren. Mehr als 100 Menschen starben, in anderen Quellen ist von 140 Toten die Rede; die meisten wurden von Trümmern erschlagen. Die Zahl der Verletzten ließ sich nach den ersten Aufräumarbeiten kaum abschätzen; mindestens 20.000 Einwohner sind jedenfalls obdachlos.
Unter den Verletzten befinden sich auch zwei Österreicher. Am Montag waren sie noch auf der Insel und warteten auf ihren Flug nach Jakarta, wie es aus dem Wiener Außenministerium hieß. Mit ihnen strandeten Hunderte Touristen am Flughafen und wollten die Insel so schnell wie möglich verlassen. Der Flugverkehr war nicht beeinträchtigt, im Gegenteil: Die Airlines boten extra Flüge an.
„Das war es für mich“
Einige von ihnen waren länger in der Gegend unterwegs und haben bereits das erste Erdbeben der Stärke 6,4 in Lombok vor mehr als einer Woche erlebt. So auch eine Französin: „Das war es für mich mit Indonesien“, sagte sie, „das nächste Mal bleiben wir in Frankreich oder dort in der Nähe.“
Bei dem ersten Erdbeben starben 17 Menschen, und auch damals wurden etliche Häuser beschädigt. Das jüngste Beben war um einiges wuchtiger. Mit einfachsten Mitteln bauten Helfer auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus Zelte auf, um auch dort Verletzte behandeln zu können. Weitere Zelte werden dringend benötigt, auch für die nunmehr obdachlosen Einwohner.
Nachts nahmen einige mit ihren Handys die bangen Minuten auf: Kinder rennen schreiend auf die Straßen, ganze Wände biegen sich wie elastisches Material. Auf einer anderen Aufnahme ist zu sehen, wie die Besucher in einem großen Einkaufszentrum Richtung Ausgang stürmen. Die Behörden wiesen indessen die Bevölkerung an, die Meerseiten der Insel zu vermeiden, so lange die Nachbeben andauerten – und stattdessen die höheren Lagen aufzusuchen. Denn zwischendurch gab es Tsunami-Warnungen.
Konferenz abgesagt
Geschlafen haben die meisten Einwohner in der Nacht ohnehin draußen. Eine Frau brachte in spärlichem Licht, aber mit Hilfe des Roten Kreuzes, ein Baby auf die Welt; sie nannte den Buben Gempa – Erdbeben.
Lombok ist gewissermaßen der kleinere Bruder der Urlaubsdestination Bali, gilt als die ruhigere Insel und ist vor allem bei Rucksacktouristen und Tauchern beliebt. Umliegend befinden sich die viel kleineren Gill-Inseln; Helfer holten die Einwohner und Touristen von dort mit Booten ab und brachten sie vorerst nach Lombok.
Der indonesische Präsident, Joko Widodo, hat sofortige finanzielle Hilfe für die betroffenen Inseln versprochen. Auf Bali und Lombok hätte eigentlich eine Konferenz mit Ministern aus Nachbarländern stattfinden sollen, die wurde allerdings abgesagt. Bereits angereiste Gäste wie die australische Außenministerin, Julie Bishop, blieben unverletzt.
Indonesien gehört zu den Ländern mit den meisten Erdbeben weltweit. Das Inselreich befindet sich auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der sich quer über den ganzen Ozean erstreckt. Hier stoßen tektonische Platten aufeinander und sorgen entweder für Beben, oder auch für Vulkanausbrüche. (red./ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2018)