Work-Life-Balance war gestern. Und was ist heute?

Es gibt mehr als nur Job und Freizeit. Es geht um die Harmonie aller Lebensbereiche.

Die aktuelle Diskussion zum Thema 12-Stunden-Arbeitstag schlägt alles. Die Sorgen sind so groß, mit der Gesundheit der Arbeitnehmer ist es nun endgültig vorbei. Sie werden bis aufs Blut ausgebeutet und regelrecht missbraucht. Wo bleibt da die Work-Life-Balance? Wohin soll das alles noch führen?

Ist es wirklich so, dass Arbeit die Menschen schädigt? Ist es wirklich so, dass die Arbeitgeber die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden so leicht kontrollieren können? Oder ist es nicht vielleicht auch so, dass unser Verständnis über Work-Life-Balance inzwischen komplett fehl am Platz ist?

Work-Life Balance ist ein Konzept aus der Zeit des Beginns der Industrialisierung und daher alt. Dinge in der Waage, also in Balance zu halten, ist grundsätzlich ein aufwendiges Unterfangen. Eine einfache Küchenwaage aus Zeiten meiner Großmutter zeigt dies deutlich. Dauernd ist auf das Gleichgewicht zu achten und auszugleichen. Das ist mühsam, schwierig und gleichzeitig sinnlos. Noch dazu ist Arbeit ein Teil unseres Lebens und daher eine Balance per Definition gar nicht möglich.

Das Leben hat viel mehr Facetten, als wir zunächst glauben. Dazu gehören zumindest Familie, Beziehungen, persönliche Entwicklung, Gesundheit, Karriere und Job und nicht zuletzt auch eine gewisse Spiritualität. Diese Lebensbereiche gehören in Einklang gebracht, also in Harmonie. Jeder dieser Bereiche hat seinen eigenen Stellenwert gemeinsam mit den anderen. Sie sind idealer Weise ein winning Team.

Nehmen wir die Volkskrankheit Nummer 1 in Österreich her: Rückenschmerzen. Wir können noch konkreter werden: Bandscheibenvorfall. Wer eine sitzende Arbeit vollzieht, kennt das vielleicht. Vorab wird man meist vom Arbeitsinspektorat beraten. Dann kümmert sich dankenswerter Weise die Schulmedizin um die Symptombehandlung. Eins ist klar, einfach so weiterarbeiten wie bisher, würde nichts besser machen. Würde weniger Arbeit die Gesundheit verbessern? Würde hier mehr Work-Life-Balance helfen?

Wenn wir Krankheit als non-verbale Kommunikation unseres Körpers verstehen, dann spüren wir hier Disharmonien zwischen dem gelebten Leben und den eigenen Werten. Daher schaut man sich besser die Gesamtsituation an. Es gibt mehr als nur Job und Freizeit. Es geht vielmehr um Harmonie aller oben genannten Lebensbereiche.

Diesen Einklang herzustellen sollte und darf jeder Mensch für sich verantworten und auch gerne professionelle Unterstützung dabei in Anspruch nehmen. „Denen wir die Schuld geben, geben wir die Macht“, sagt ein altes Sprichwort. Solange wir in der aktuellen Diskussion den Arbeitgebern und der Politik die Schuld an unserem Dasein geben, solange erlauben wir ihnen Macht über uns zu haben.

Auch Arbeitnehmer müssen in die Selbstverantwortung gehen, sich ihre persönlichen Werte explizit bewusst machen. Sie müssen verstehen, dass sie ihr Leben selbst gestalten können und nicht Opfer des Systems sind. Denn wenn die eigenen, inneren Werte nicht gelebt werden, rächt sich der Körper. Die vollen Krankenhäuser sowie die Kosten unseres Gesundheitssystems bestätigen dies.

Wie kann nun eine mögliche Lösung aussehen? Wir sollten lernen, die oben genannten Lebensbereiche als solche zu verstehen und anzuerkennen. Wir sollten uns klar sein, was uns in jedem dieser Lebensbereiche wirklich wichtig ist. Diese Werte nach ihrer Wertigkeit zu ordnen und zu wissen, wie wir sie erfüllen, macht ein glückliches, selbstbestimmtes und harmonisches Leben aus.

Der Autor ist Experte für Authentizität, Speaker, Autor, Mentor und Coach, zertifizierter NLP- und Hypnose-Trainer, GF der TWA Mentale Innovation GmbH, Mitglied im Österr. Gewerbeverein sowie im Wirtschaftsforum der Führungskräfte Österreichs.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2018)

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