"Außenpolitischer Irrsinn": Kritik an FPÖ-Politikern als Wahlbeobachter in Kambodscha

Ein Polizist bei seiner Stimmabgabe in Phnom Penh am 29. Juli
Ein Polizist bei seiner Stimmabgabe in Phnom Penh am 29. JuliREUTERS
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SPÖ-Klubobmann Schieder fordert eine Klarstellung von Kanzler Kurz. Das Außenministerium hatten die Wahl als "Farce" bezeichnet, im Gegensatz zu den FPÖ-Gästen aus Österreich.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder urteilt hart über die jüngste Reise des Nationalratsabgeordneten Axel Kassegger und des ehemaligen Abgeordneten Johannes Hübner (beide FPÖ) nach Kambodscha. Die beiden waren auf Einladung der kambodschanischen Regierung in einer Wahlbeobachtungsmission im Land - "ein weiterer Tiefpunkt im außenpolitischen Irrsinn der FPÖ", teilte Schieder am Mittwoch mit.

Er forderte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dazu auf, "sich klar und öffentlich gegen diese Aktion zu äußern und diesen Aktivitäten des Koalitionspartners einen Riegel vorzuschieben." Als Regierungschef könne er nicht länger dabei zusehen, "wie die FPÖ als Regierungspartei dem internationalen Ruf Österreichs" schade, so Schieder.

Auch die Liste Pilz und die Neos meldeten sich in der Causa zu Wort. Die Liste Pilz kündigte eine Parlamentarische Anfrage an Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) an. Listengründer Peter Pilz wolle wissen, "was sie und die Führung der FPÖ über diese Aktion gewusst haben", teilte er am Mittwoch mit. Pilz glaubt nämlich nicht, "dass es sich bei der Kambodscha-Mission um eine Geheiminitiative zweiter Freiheitlicher gehandelt hat". Er verlangt von "der Außenministerin eine unmissverständliche Distanzierung von der freiheitlichen Unterstützung der Scheinwahlen in Kambodscha" und eine Erklärung, wie sie in Zukunft "Abenteuerurlaube freiheitlicher Politiker von Russland bis Kambodscha" verhindern wolle.

Auch die Neos reagierten in einer Aussendung auf die Wahlbeobachtermission auf Einladung der kambodschanischen Regierung. "Vertreter einer Regierungsfraktion machen aktiv dabei mit, die Wahl eines autoritären Herrschers rein zu waschen", kommentierte Stephanie Krisper, NEOS-Sprecherin für Äußeres. Das Vorgehen schade "dem Ruf Österreichs als verlässlicher und seriöser internationaler Akteur". Es stelle sich "die Frage, wie lange Bundeskanzler Kurz und die Außenministerin zu so einem Vorgehen schweigen wollen."

FPÖ-Klubobmann Gudenus reagierte auf die Kritik von SPÖ-Klubobmann Schieder. Dieser solle "lieber vor seiner eigenen Tür kehren", teilte Gudenus mit. Die SPÖ schade "mit ihrer Politik (...) und der regelmäßigen Vernaderung im Ausland dem Ansehen Österreichs" schon "seit vielen Jahren". Gudenus erinnerte in diesem Zusammenhang "an eine frühere Nordkorea Reise von führenden SPÖ-Politikern". Damit spielte er vermutlich auf eine niederösterreichische SPÖ-Delegation an, die 2010 nach Pjöngjang reiste.

Opposition vor Wahl aufgelöst

Kassegger und Hübner waren als Teil einer Delegation von der kambodschanischen Regierung als Wahlbeobachter eingeladen worden und hatten der höchst umstrittenen Parlamentswahl anschließend einen "Persilschein" ausgestellt, wie die Tageszeitung "Der Standard" am Mittwoch berichtete. Kassegger bezeichnete den Ablauf der Wahl als "sehr professionell", obwohl international breiter Konsens darüber herrscht, dass es bei der Abstimmung nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.

Kassegger und Hübner (FPÖ) reisten laut "Standard" "privat" nach Phnom Penh - das Außenministerium habe von der Reise der zwei Politiker einer Regierungspartei im Voraus nichts erfahren. Insgesamt seien aus fünf EU-Staaten Vertreter vorrangig EU-kritischer, prorussischer Parteien vor Ort gewesen, die an der Wahl allesamt nichts auszusetzen gehabt hätten.

Das Außenministerium in Wien bezeichnete die Wahl, bei der die Kambodschanische Volkspartei des Langzeit-Amtsinhaber Hun Sen Ende Juli alle Parlamentssitze gewonnen haben soll, als "Farce". Die wichtigste Oppositionspartei war im Vorfeld der Wahl verboten worden.

Auch die Europäische Union hat den Parlamentswahlen die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Die Abstimmung sei "nicht repräsentativ für den demokratischen Willen der kambodschanischen Wählerschaft", erklärte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini vergangene Woche in Brüssel. Es habe weder einen "echten" Wahlkampf, noch einen "inklusiven politischen Prozess" gegeben, hieß es weiter.

"Zombie-Wahlbeobachter"

Der Politologe und Autor Anton Shekhovtsov erklärte: "Einige FPÖ-Mitglieder sind Teil eines größeren Netzwerks von europäischen Politikern, die ihre Dienste autoritären Regierungen und nichtanerkannten Staaten zur Verfügung stellen". Die positiven Wahlbeobachtungen dieser Politiker dienen laut Shekhovtsov dazu, "Kritik etablierter Organisationen wie der OSZE zu relativieren". Hübner sei etwa im Jahr 2014 mit Johann Gudenus (FPÖ) und zahlreichen anderen europäischen Politikern als "Beobachter" beim von der internationalen Staatengemeinschaft nicht anerkannten Referendum auf der Krim gewesen.

"Die Wahl ist weder frei noch fair gewesen", sagte Phil Robertson, Asien-Direktor von Human Rights Watch (HRW). Mit der "erzwungenen Auflösung der CNRP" sei der Ausgang schon im Voraus klar gewesen. Mit solchen "Zombie-Wahlbeobachtern" würde versucht werden, "Legitimation für eine Wahl zu erhalten, die keine verdient", kritisierte Robertson. "Populisten bekommen einen Luxustrip und ein Foto mit Premier Hun Sen im Gegenzug für das Abnicken eines Wahlergebnisses, das den Tod der Demokratie in Kambodscha markiert. Sie sollten sich schämen."

(APA)

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