Maier: „Das Gesetz wird nicht halten“

Der Umweltdachverband wird alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um das geplante Standortentwicklungsgesetz zu Fall zu bringen.

Wien. Der Umweltdachverband kritisiert das geplante Standortentwicklungsgesetz für die schnelle Genehmigung von Großprojekten und fordert die Regierung auf, das Vorhaben zurückzuziehen. „Das Gesetz wird Rechtsunsicherheit bringen und vor Höchstgerichten nicht halten“, sagte Umweltdachverband-Präsident Franz Maier am Mittwoch. Die Rechtsunsicherheit werde höhere Kosten für Firmen verursachen.

„Der Begutachtungsentwurf verstößt zum einen in massivster Weise gegen Verfassungsrecht, Unionsrecht und Völkerrecht, zum anderen ist er umweltpolitisch völlig verfehlt“, kritisierte Maier. Zu den 36 Mitgliedern des Umweltdachverbandes zählen unter anderem der Alpenverein, die Naturfreunde, das Ökosoziale Forum, Land&Forst-Betriebe und der österreichische Landesjägerverband.

Das Regierungsvorhaben sieht unter anderem vor, dass standortrelevante Projekte automatisch genehmigt werden, wenn die UVP-Behörde nicht innerhalb von 18 Monaten entscheidet.

Auf Vorschlag von Landeshauptleuten oder Ministern soll zuvor ein Beirat Empfehlungen aussprechen, ob es sich um ein standortrelevantes Projekt handelt. Die Begutachtungsfrist für das Standortentwicklungsgesetz läuft bis 17. August. Es soll mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten.

Auch Juristen haben Zweifel

Neben Umwelt-NGOs zweifeln auch Juristen an der Rechtmäßigkeit des geplanten Standortentwicklungsgesetzes. Der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk hält die geplante Neuerung vorerst „sowohl vom Verfassungsrecht als auch vom Europarecht her“ für unzulässig. Besonders bedenklich sei, dass nach der automatischen Genehmigung keine neuen Aspekte mehr ins Spiel gebracht werden könnten – also eine Art Neuerungsverbot greifen soll. Dann könne man nur „mit gefesselten Händen“ gegen eine Entscheidung vorgehen. Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer sieht das Gesetzesvorhaben kritisch, zum Beispiel wären die Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) dadurch leicht manipulierbar, indem man sie bewusst verzögert. Laut dem Innsbrucker Jus-Professor Peter Bußjäger widerspricht das Standortentwicklungsgesetz den Prinzipien der Bundesverfassung und dem Bundesrecht. „Die automatische Genehmigung gerade von Vorhaben mit besonders großen Auswirkungen auf die Umwelt ist mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar und stellt eine unsachliche Bevorzugung solcher Projekte dar“, so Bußjäger.

Der Umweltdachverband will rechtlich alle Möglichkeiten ausschöpfen, um das Standortentwicklungsgesetz zu verhindern, kündigte Maier an. Der Verband spreche sich aber für effizientere und effektivere UVP-Verfahren aus. Mit dem Standortentwicklungsgesetz werde dies aber nicht erreicht. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2018)

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