Jetzt muss Elon Musk liefern

Archivbild: Musk bei der Präsentation des " Roadster 2" vergangenen November.
Archivbild: Musk bei der Präsentation des " Roadster 2" vergangenen November.REUTERS
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Die Ankündigung, Tesla von der Börse zu nehmen, könnte ein juristisches Nachspiel haben. Es ist unklar, wie Musk das Unterfangen finanzieren will. Die Börsenaufsicht soll bereits aktiv geworden sein.

New York. Diesmal könnte Elon Musk zu weit gegangen sein. Der Chef des Autobauers Tesla ist für seine kontroversen Aussagen bekannt. Mal beschimpft er Investoren. Mal nennt er einen Taucher, der bei der Höhlenrettung in Thailand seine Hilfe ablehnte, einen Pädophilen. Doch die Ankündigung, Tesla von der Börse zu nehmen, ist ein anderes Kaliber. Wenn Musk jetzt nicht liefert, hat er die US-Marktaufsicht am Hals. Grund für die Aufregung ist ein Tweet des gebürtigen Südafrikaners: „Denke darüber nach, Tesla bei 420 Dollar von der Börse zu nehmen. Finanzierung gesichert“, schrieb Musk. Mehr hat es nicht gebraucht.

Die Technologiebörse Nasdaq setzte den Handel des Papiers aus, nach Neustart schoss die Aktie um elf Prozent auf knapp 380 Dollar in die Höhe. Analysten, Investoren und Anwälte weltweit fragten sich, was da gerade passiert war.

Manipulierter Kurs?

Die Aktion Musks ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Zunächst: In der Regel verkünden Firmen vom Kaliber Teslas — der Autobauer ist mehr als 60 Mrd. Dollar wert — derart wichtige Informationen per offizieller Mitteilung außerhalb der Handelszeiten. Musk feuerte mitten im New Yorker Nachmittagshandel einen informell geschriebenen Tweet ab. Dabei wäre ein Rückkauf Teslas von den Aktionären der größte in der Börsengeschichte.

Der Kommunikationsstil Musks mag viele Investoren verärgert haben, ist an sich aber durchaus erlaubt. Die Börsenaufsicht SEC gestattet wichtige Mitteilungen per Twitter, sofern die Firma ihre Investoren über diese Form der Veröffentlichung vorab aufgeklärt hat. Das hat Tesla 2013 getan. Aktionäre sollten ein Auge auf Musks Twitterseite werfen, hieß es in einer Erklärung an die SEC. Juristisch interessanter ist die Frage, ob Musk auch tatsächlich meint, was er sagt. Der Milliardär hält rund 22 Prozent der Aktien von Tesla, der Kurssprung machte ihn auf dem Papier um mehr als eine Milliarde Dollar reicher. Wenn er durch seine Aussage den Kurs manipulieren wollte, um sich zu bereichern, könnte ihm sogar der Gang ins Gefängnis drohen. Das ist jedoch unwahrscheinlich. Dafür müsste er abkassieren und seine Anteile verkaufen. Das plant Musk nicht. Wenn überhaupt, wird er seinen Anteil aufstocken.

Ein Dorn im Auge sind dem umstrittenen Unternehmer seit eh und je die sogenannten Shortseller. Sie wetten auf fallende Kurse, und das tun bei Tesla, das nach wie vor hohe Verluste schreibt, sehr viele. Der Kurssprung bescherte diesen Händlern hohe Verluste, zur Freude Musks. Wenn er nun nicht liefert, könnte die SEC vermuten, dass er bloß einigen Investoren einen Strich durch die Rechnung machen wollte.

Laut "Wall Street Journal" ist die Börsenaufsicht jedenfalls tätig geworden. Sie prüfe, ob die Erklärung ernst gemeint war und warum die Mitteilung über Twitter und nicht das übliche Verfahren für wichtige Firmennachrichten (regulatory filing) erfolgt sei.

Investoren wie bei Hedgefonds

Doch ein verletztes Ego ist kein ausreichender Grund für eine derartige Ankündigung, zumindest eine Geldstrafe wäre wohl die Folge. Tatsächlich fragen sich die Händler an der Wall Street, wie Musk sein Unterfangen finanzieren will. Legt man einen Kurs von 420 Dollar zugrunde, würde der Börsenwert Teslas rund 70 Mrd. Dollar betragen. Knapp ein Viertel davon hält Musk, das restliche Kapital müsste er erst aufstellen. Der Kurs fiel vor Eröffnung am Mittwoch wieder, die Aktie notierte bei 370 Dollar.

Musk selbst lieferte nach seinem Tweet noch einige vage Details nach. Er könnte den Gang von der Börse mithilfe privater Investoren finanzieren. Deren Anteile würden nicht auf dem offenen Markt gehandelt werden. Stattdessen könnten sie ihr Investment – wie bei manchen Hedgefonds – alle drei oder sechs Monate verkaufen. Ohne tägliche Kursschwankungen im Hinterkopf könnte die Firma langfristiger denken, so das Kalkül. Der saudische Staatsfonds PIF hat erst diese Woche zwischen drei und fünf Prozent an Tesla gekauft. Wenn der Visionär nun aber scheitert und Tesla nicht auskaufen kann, droht ihm sein unternehmerisches Ende.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2018)

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