Erdogan: "USA haben ihre Dollars, wir haben unseren Gott"

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Ein Streit mit den USA und Sorgen lässt den Kurs der türkischen Lira von Tag zu Tag auf ein neues Rekordtief fallen. Heute brach sie um mehr als zehn Prozent ein. Präsident Erdogan meint: "Macht euch keine Sorgen".

Bloomberg

Die türkische Landeswährung Lira befindet sich ungeachtet der Beschwichtigungen von Präsident Recep Tayyip Erdogan im freien Fall. Der Kurs brach am Freitag um mehr als zehn Prozent ein. Ein Dollar kostete rund 6,40 Lira. Seit Jahresbeginn hat die türkische Währung damit um mehr als ein Drittel an Wert eingebüßt. Die wachsende Einflussnahme von Erdogan auf die Zentralbank beunruhigt internationale Investoren schon seit Monaten. Hinzu kommt der Streit zwischen Washington und Ankara über den in der Türkei festgehaltenen US-Pastor Andrew Brunson. Auch Sorgen zur Stabilität der Banken am Bosporus spielen eine Rolle.

Die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) schauen sich wegen des drastischen Währungsverfalls einem Medienbericht zufolge die Verbindungen europäischer Geldhäuser zur Türkei an. Insgesamt würden die Aufseher die Situation zwar noch nicht als kritisch einstufen, berichtete die "Financial Times" unter Berufung auf zwei mit dem Vorgang vertraute Personen. Die Großbanken BBVA aus Spanien, die italienische Bank-Austria-Mutter UniCredit und die französische BNP Paribas seien aber besonders exponiert. Diese hätten bedeutende Geschäfte in dem Land.

Die EZB lehnte eine Stellungnahme zu dem Bericht ab. Auch der Euro geriet unter Druck: Er gab um 0,6 Prozent auf 1,1461 Dollar nach.

» "Vergesst nicht, wenn sie ihre Dollars haben, dann haben wir unser Volk, unseren Gott."«

t Recep Tayyip Erdogan

Erdogan bemühte sich unterdessen, die Furcht vor einem weiteren Verfall der Lira zu zerstreuen. "Macht euch keine Sorgen", rief er am späten Donnerstagabend in Rize am Schwarzen Meer Anhängern zu. Derzeit liefen gegen die Türkei mehrere Kampagnen, sagte er mit Blick auf den Streit mit den USA. "Beachtet sie nicht." Er ergänzte: "Vergesst nicht, wenn sie ihre Dollars haben, dann haben wir unser Volk, unseren Gott." Und weiter: "Wir arbeiten hart. Schaut auf das, was wir vor 16 Jahren waren, und schaut heute auf uns."

Experten: "Kräftige Zinserhöhung wäre notwendig"

Experten sehen nun die Notenbank am Drücker. "Die angespannte Situation könnte durch ein beherztes Vorgehen der türkischen Notenbank abgemildert werden", sagte der Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel. "Nötig wäre eine kräftige Zinserhöhung, die zu erkennen gäbe, dass die Währungshüter am Bosporus gewillt sind, dem Verfall der heimischen Währung nicht tatenlos zuzusehen." Erdogan hat sich selbst als "Gegner der Zinsen" tituliert und angekündigt, eine größere Kontrolle über die Geldpolitik auszuüben. Er will, dass die Banken billige Kredite vergeben und so das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Investoren befürchten aber, dass die Banken durch den anhaltenden Währungsverfall in Bedrängnis kommen.

(APA/Reuters)

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